Augustin Weltzel — „Geschichte der Stadt Ratibor“, 1861


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Geschichte
der
Stadt Ratibor

von
Augustin Weltzel,
Pfarrer in Tworkau, der Gesellschaft für vaterländische Cultur,
des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens, sowie
der Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskunde
Pommerns ordentlichem Mttgliede.
Wappen: Senkrecht geteilter Schild mit halbem Adler rechts und halbem Rad links
Ratibor, 1861
Im Selbstverlage des Verfassers und in Commission bei Fr. Thiele.

Vorwort


Nachdem ich während meines langjährigen Aufenthaltes in Pommern mich besonders mit norddeutscher Spezialgeschichte beschäftigt, stellte ich mir, in die Heimat zurückgekehrt, die Aufgabe, in den Mußestunden denjenigen Theil des Vaterlandes kennen zu lernen, der mir jetzt näher stand und der von den Historikern am wenigsten cultivirt worden. Es mußte bei den Forschungen überall auf Urkunden zurückgegangen werden, da die Chronisten über Oberschlesien nur sehr dürftige Ausbeute gewähren. Gesteht doch ein Historiograph am Hofe Herzog Ludwig I. von Brieg im 14. Jahrhunderte in seiner Geschichte Polens und Schlesiens selbst ein, daß er nicht im Stande sei, über unsere Gegend etwas Genügendes zu leisten. Nachdem er nämlich mehre Herzogthümer behandelt. bekennt er (Ratibor ganz übergehend) ziemlich naiv: Jetzt sollte ich von den Herzogen Oppelns die Aufeinanderfolge und Thaten beschreiben, da ich aber über sie nichts zuverlässiges finden konnte, so übergehe ich sie für jetzt (leider für immer!) und wende mich zu den Fürsten Großpolens (Stenzel's Script. Rer. Sil. I,152). Hätte er doch wenigstens von denjenigen benachbarten Fürsten, die seine Zeitgenossen waren, Mittheilungen gemacht!

Solche Lückenhaftigkeit und mancher dunkle und schwierige Punkt, der bisher noch nicht aufgehellt und befriedigend gelöst worden, spornte mich zu sorgfältigem Quellenstudium an. Als Ausgangspunkt wählte ich Ratibor, welches neben Teschen die Residenz der ersten oberschlesischen Herzoge war und nächst Neisse die reichste Geschichte hat. Vieles ist bereits zu Tage gefördert, wie die topographische Literatur am Schlusse dieses Werkes nachweiset, aber mehr noch liegt ungedruckt in den Archiven. Die Stadt selbst besitzt außer 2 Pergamentheften beglaubigter Copien an 50 Originalurkunden. Die Dokumente des Collegiatstiftes, ein Pergamentcodex und ein Papierquartant die Kreuzherrenstifte Schlesiens betreffend und mehre Schriftstücke aus den Klöstern Ratibors befinden sich im Provinzialarchive, wo auch die reichen Aktensammlungen aus dem Archive der ehemaligen Breslauer Kammer aufgestapelt sind. Einige das Dominikanerkloster berührende Manuscripte bewahrt die Universitätsbibliothek. Das Archiv zu Fürstenstein birgt in seiner Manuscriptensammlung Nr. 215 aus der Roppanschen Hinterlassenschaft eine für unsere Gegend wichtige Chronik aus dem Jahre 1583. Das Registrum s. Wenceslai in Brünn (ein Codex von fast 700 Blättern) ist in Bezug auf die Lehnsverhältnisse die ergiebigste Fundgrube. Das Kirchenarchiv des ehemaligen Collegiatstiftes zu Ratibor enthält außer einem Copiarum sämmtlicher Urkunden die Originalmatrikel in 2 Foliobänden, in welcher alle bei den Generalkapiteln gepflogenen Verhandlungen verzeichnet sind. In diesen Kapitelsakten ist S. 39 bis 43 ein kostbarer Schatz verborgen, nämlich eine Chronik dieser Gegend vom Jahre 1300 bis 1519, die als einziges Denkmal oberschlesischer Geschichte aus dem Mittelalter dasteht. Die Registratur der herzoglichen Kammer besitzt Mancherlei über das Jungfrauen- und Kreuzherrenstift und das mit letzterem verbundene Hospital. Die Magistratsregistratur endlich ist sehr reichhaltig, da sämmtliche Aktenstücke aus der Zeit preußischer Herrschaft aufbewahrt sind. Fürwahr reiches Material zum Weiterbau auf dem von Stenzel in seiner Geschichte Schlesiens bereits gelegten Fundamente!

Mitten in meinen Forschungen erhielt ich vom Magistrat zu Ratibor im Mai 1859 den ehrenvollen Auftrag, die Stadtchronik zu schreiben. Die Königliche Regierung zu Oppeln hatte nämlich in Folge eines die Aufbewahrung wichtiger Akten und Urkunden betreffenden Ministerialerlasses unter dem 19. April an alle Magistrate nähere Bestimmungen über die Archivalien ertheilt und bei dieser Gelegenheit auf Anregung des für Förderung oberschlesischer Geschichte thätigen Präsidenten Dr. von Viebahn den Wunsch ausgesprochen, jede Stadt möge ein Lokalgeschichtswerk ausarbeiten lassen und durch den Druck dem größeren Publikum zugänglich machen. Ein Schema war beigefügt. Da aber die einfache Aufzählung von Stadtbegebenheiten den Leser ermüdet hätte und die Geschichte eines Hauptortes sich nicht leicht trennen läßt von der des Landes, welches derselbe Fürst beherrschte, so ist namentlich in den ersten Abschnitten der Kreis weiter gezogen und die verlangte Chronik zu einer pragmatischen Darstellung geworden. Der Leser erhält dadurch ein besseres Bild der Vergangenheit und demjenigen, der über irgend einen in den ehemaligen Herzogthümern Oppeln-Ratibor gelegenen Ort zu schreiben beabsichtigt, ist ein festes und sicheres Gewebe geboten, in welches er die Lokalbegebenheiten leicht einflechten kann.

Wenn die Topographie hier statt an der Spitze erst am Ende des Werkes steht, so war die Absicht, das Besondere und Einzelne erst dem Allgemeinen und Ganzen folgen zu lassen und zugleich dem Leser im Voraus zu zeigen, unter welchen Verhältnissen und Zuständen dasjenige entstanden ist, was die Gegenwart überkommen hat. Es ist die Ortsbeschreibung nur eine nach Materien geordnete, speciell ausgeführte Zusammenstellung alles Dessen, was im geschichtlichen Theile bereits angedeutet ist.

Es gereichte mir zur großen Freude, die Geschihte einer Stadt aufzuarbeiten, die eine ruhmvolle Vergangenheit hat und in fortschreitender Entwicklung begriffen, einer glänzenden Zukunft entgegengeht. Obgleich der Einwohnerzahl nach erst die vierte Stadt Oberschlesiens, überragt doch Ratibor in mancher Hinsicht jetzt schon alle übrigen Schwesterstädte. Adler und Rad, die es im Wappen führt, sind die schönsten Symbole des geistigen Aufschwunges und der gewerblichen Fortentwicklung.

All den hohen Gönnern, welche die Auführung dieses Werkes ermöglicht und gefördert, namentlich Sr. Excellenz dem Herrn Oberpräsident Freiherr von Schleinitz, der die Benutzung des Provinzialarchivs und die Ausleihung von Manuscripten aus der Königl. und Universitätsbibliothek gestattet, den durchlauchtigen Herren dem Herzoge von Ratibor und dem Fürsten von Pleß, ebenso dem Herrn Landrath von Selchow und dem Magistrate von Ratibor, die mir den Zutritt zu den Documentensammlungen gewährt, ferner dem Herrn Canonikus Dr. Heide, der nicht blos das Kirchen- und Pfarrarchiv, sondern auch seine reiche Privatbibliothek mir zur Disposition gestellt, insbesondere aber dem Herrn Archivar Dr. Wattenbach, dem Centrum aller historischen Bestrebungen unserer Provinz — endlich Allen, die mich irgendwie freundlich unterstützt, spreche ich hiermit meinen ehrerbietigsten und innigsten Dank aus.

Tworkau den 25. Juli 1861.

A. Weltzel.

Subscribenten-Verzeichniß


Inhalts-Verzeichniß


SeiteErfassungsstand
VorwortIIIKpl. 6 S.
SubscribentenverzeichnißVIIKpl. 10 S.
Erster Theil:
Einleitung1Kpl. 5 S.
I. Abschnitt Geschichte der Stadt unter eigenen, zuerst selbstständigen, dann Vasallen-Herzogen 66-32, 113-114 29 S.
II. Abschnitt Geschichte der Stadt unter der Krone Böhmens 115115-135 21 S.
III. Abschnitt Geschichte der Stadt unter Preußischer Herrschaft 210
IV. Abschnitt Geschichte des Schlosses und der Herrschaft Ratibor 271
Zweiter Theil:
I. Abschnitt Kirchen 327
II. Abschnitt Klöster 451
III. Abschnitt Schulen 534
IV. Abschnitt Wohlthätigkeitsanstalten 566
Dritter Theil:
I. Abschnitt Naturbeschaffenheit 583
II. Abschnitt Bevölkerungsverhältnisse und volkswirtschaftlicher Zustand 600
III. Abschnitt Verfassungs- und Verwaltungs-Verhältnisse 621
IV. Abschnitt Alterthümer, Sammlungen und Literatur 650
Zugabe: Nachträge und Berichtigungen 660

Einleitung


Von dem Schauplatze der nachfolgenden Geschichte ist aus den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung weiter nichts Sicheres auszumitteln, als daß Oberschlesien von dem Volksstamme der Lygier bewohnt war. Römische Münzen aus dem 2. Jahrhunderte, welche bei Bieskau aufgefunden

worden, und Urnen, welche in der Gegend von Mosurau, Miestitz und in Ratibor selbst ausgegraben worden, lassen auf eine starke Bevölkerung der Gegend schließen.

Nach der Einwanderung von Slaven nahmen Chrowaten ihre Stelle ein und unsere Gegend gehörte zum großmährischen Reiche, dessen Hauptstadt Crakau wurde und das unter Swatopluk (870 bis 894) den Höhepunkt seiner Macht erreichte.

Im zehnten Jahrhundert dehnten die böhmischen Herzoge ihre Herrschaft über Mähren und Schlesien aus. Bei Errichtung des Bisthums Prag wurde auch unsere Gegend zur Prager Diöcese geschlagen. Der hl. Adalbert gab sein Bisthum in Prag auf und zog als apostolischer Missionar über Ungarn, Crakau, Teschen und Oppeln nach Gnesen.

Oberschlesien verdankt mithin die Einführung des Christenthums nicht dem 966 getauften Herzog Miesko von Polen, der 992 starb (aus dem einfachen Grunde, weil es nicht unter dessen Scepter stand), sondern entweder den Mähren, bei denen der christliche Glaube schon in der Mitte des 9. Jahrhunderts Wurzel faßte und durch die Pflege der beiden Glaubensboten Cyrillus und Methodius kräftig emporwuchs, oder den Böhmen, bei denen ernach kurzer Verfolgung sich für immer siegreich behauptete.

Erst unter dem tapferen Polenherzoge Boleslaus Chrobry, der im März 1003 in den Besitz Böhmens gelangte, fiel Crakau und Schlesien an Polen. Aber König Heinrich&nsbp;II verjagte Boleslaus bald wieder aus Böhmen und der kühne Herzog Brzetislav von Böhmen gewann, als Bundegenosse Kaiser Conrad&nsbp;II Mähren wieder, gründete an der Gränze Polens die Festung Grätz (die Zinna bildete schon damals die Nordgränze Mährens gegen Polen), eroberte 1039 Breslau, Crakau und Gnesen, 1) behauptete Schlesien mehre Jahre und überließ es am Ende seines lebens in einer Fürstenversammlung zu Quedlinburg vor Kaiser Heinrich III. (Pfingsten 1054) gegen einen von Polen zu zahlenden Tribut an Kasimir von Polen.2)

Unter dem weisen und milden Fürsten Kasimir erhielt die Kirche einen festeren Grund. Der vom ihm versprochene Tribut, der in 30 Mark Gold und 300 Mark Silber bestand, scheint später nciht gezahlt worden zu sein, denn die Czechen verheerten 1093 Schlesien, zerstörten die polnische Festung Warthe und bauten die Burg Kamenz.3) Boriwoj, der Bruder Brzetislav II., nahm 1103 Ratibor ein und drang bis Reczen bei Brieg.4)

Es ist dies das erste Mal, daß unser Ort in der Geschichte auftaucht.

Die Lage war zu einer Ansiedlung sehr geeignet, die Wälder luden zur Jagd, die Gewässer zur Fischerei, die herrlichen Wiesenniederungen zur Viehzucht ein.

In den Wäldern gab es, außer dem jetzigen Wilde, Bären, Wölfe, Elenhirsche, Auerochsen, Falken und viele wilde Bienen; die Flüsse waren damals sehr fischreich, an ihren Ufern führte der kunstfertige und gesellige Biber seine zweistöckigen Gebäude auf. In dem fruchtbaren Oderthale bot die 4 Meilen lange und ½ Meile breite Wiesenflur reiche Nahrung für die Herden.

Wahrscheinlich war es ein Ratibor, der unsere Stadt gründete.

Der Name Ratibor begegnet uns in der slavischen Geschichte wiederholt als Personen- und Ortsbezeichnung. In mährischen und böhmischen Urkunden werden bis in die Mitte des 13. Jahrhundertes an 20 Personen genannt, welche Ratibor heißen und meist dem Ritterstande angehören.1) Wir wollen nur einige hervorheben, welche zuerst vorkommen.

In dem von Wratislav 1088 ausgestellten Fundationsbriefe der Collegiatkirche zu Wischehrad wird ein Ratibor genannt.2) Unter den edlen Böhmen, welche, um die Gränzen Meissens gegen die Sachsen zu schützen, einen Streifzug gegen letztere unternahmen, fiel 1090 Ratibor, der Schwiegersohn des Zupan (Graf) Alexius.3)

Als König Wladislav von Böhmen 1169 den Johannitern einige Dörfer schenkte und Herzog Wenzeslaus von Mähren 1174 dem Kloster Rajgrad eine Schenkung bestätigte, erscheint je ein Ratibor unter den Zeugen.4)

Bekannter noch ist Fürst Ratibor von Pommern, der vom hl. Otto getauft die ersten beiden pommerschen Klöster, Stolpe an der Peene und Grobe auf der Insel Usedom, erbaute und in dem erstgenannten 1152 begraben wurde.1) Das benachbarte alte Kirchdorf Rathebur führt von diesem Fürsten seinen Namen.

Aus einem Schreiben Papst Alexander IV. vom 9. April 1257 ergibt sich, daß ein Breslauer Geistlicher Namens Ratibor die durch den Tod des Magister Coffinus erledigte Pfründe an der Cathedrale zu Breslau beanspruchte.2)

Von Ortschaften gleichen Namens sind hervorzuheben:

  1. Ratiboŕ, Dorf, Hradischer Kreis,
  2. Ratiboŕice, Dorf, Znaimer Kreis, beide in Mähren,
  3. Klein-Ratibor oder Ratiborschitz, (Ratiborice) Bergstädtel in Böhmen,
  4. Radibor, Dorf in der Lausitz

König Wenzel gründete (Mai 1306) das Kloster Königsthron bei dem Zusammenfluß der Wässer Ratibor und Bawa.3)

Martin Gallus, der älteste Geschichtsschreiber Polens, der eine Biographie des zu seiner Zeit lebenden Herzog Boleslaus Krummaul schrieb, erwähnt mehrmals unsere Stadt. Er sagt zum Jahre 1106: Boleslaus wollte Kosel haben und sendete einige bewährte Krieger nach Ratibor, die von hier aus versuchen sollten, es einzunehmen.4)

Ehe Swatopluk von Böhmen dem König Heinrich V. zu Hilfe gegen Ungarn zog, sicherte er die Gränzen gegen Polen, indem er ein Heer unter Führung der Grafen Wacek und Mustina in unserer Gegend aufstellte. König Koloman von Ungarn aber, sich von den Czechen bedroht sehend, bat den ihm befreundeten Polenherzog, diese durch einen Einfall in ihr Land von Ungarn abzulenken. Boleslaus brach daher im September 1108 gegen Böhmen auf, schlug das aufgestellte Heer in die Flucht, eroberte die Gränzfeste Ratibor, drang verheerend weiter vor, kehrte aber bald wieder zurück. Der Zweck war erreicht, Swatopluk ließ von dem Angriff auf Ungarn ab und eilte heim, um sein eignes Land zu vertheidigen.1)

Von den Söhnen Bolelslaus III. erhielt der älteste, Namens Wladislav, 1139 Kleinpolen (Crakau) und Schlesien. Dieser hatte Agnes, die schöne aber herrschsüchtige Tochter Herzog Leopold des Heiligen von Oesterreich zur Gattin und strebte von dieser veranlaßt nach der Alleinherrschaft von ganz Polen. Dadurch kam es zum innern Kriege, und Wladislav floh nach verlorener Schlacht über Ungarn nach Deutschland.

Der polnische Chronist Bischof Bogufal von Posen, der eine Geschichte Polens dis zum Jahre 1229 schrieb, erzählt, daß der vertriebene Fürst sich hierauf in Rtibor, der sehr befestigten Stadt niedergelassen 2) und von da aus dem ihm verwandten König Conrad III. um Unterstützung gebeten habe. Die Vermittlung dieses Schwagers, wie auch des Kaiser Friedrich I, war für den Vertriebenen wenig erfolgreich. Wladislav erhielt mit seiner Familie nur einen Wohnsitz in Altenburg, wo er 1162 starb.

  1. Linge's Schulschriften, (Ratibor 1824.) Seite 55.
  2. Programm des Rat. Gymnasiums 1830
  3. Cosmae Prag. Chron. in Script. Rer. Boh. I, p. 168
  1. Cosmas l. c. p. 109-112.
  2. Annales Altaheuses und Cosmas Chronicon Bohemorum zu dem genannten Jahre.
  3. Cosmae l. c. p. 202.
  4. Stenzel, Geschichte Schlesiens (Breslau 1853) S. 21.
  1. Erben, Regesta dipl. Bohemiæ et Moraviæ (Pragæ 1855) I, 682.
  2. A. Boczek, Codex diplomaticus et epistolaris Moraviæ (Olomutii 1836) vol. 1. pag. 181.
  3. Palacki, Geschichte Böhmens (Prag 1836) I. B. S. 323.
  4. Boczek, l. c. I, 281 und 288.

Erster Abschnitt.
Ratibor unter eigenen Herzogen.


Miesco I. von 1163 bis 1211.

Die drei Söhne des in der Verbannung gestorbenen Herzog Wladislav von Schlesien: Boleslaus, Miesco und Conrad erhielten Schlesien als Erbtheil und regierten selbständig d. h. unabhängig von Polen und Deutschland; nur einige Burgen hatte sich der Oheim Boleslaus vorbehalten.

Das Gebiet von Ratibor bis Teschen war dem Miesco, das von Oppeln bis Glogau dem Boleslaus zugefallen, Conrad, für den geistlichen Stand bestimmt, lag in Fulda den Studien ob.1) Miesco residirte meist in Teschen.

Nach der Analogie andrer Städte war die Burg Ratibor eher, als die Stadt vorhanden. Indeß ist es auffallend, daß in der Bisthumsurkunde vom J. 1154, in welcher an 20 Kastellaneien aufgezählt werden, die Burg Ratibor fehlt.2) Es ist daher möglich, daß erst Miesco gegenüber der Stadt auf dem rechten Oderufer seine Residenz erbaute. Der Ort war zu einer Veste sehr geeignet, da der Mühlgraben (ein Oderarm) ihn zu einer Insel machte. Burgen wurden anfänglich nicht auf Berggipfeln aufgeführt, sondern meist auf Landzungen, welche von drei Seiten durch Wasser oder tiefe Einschnitte geschützt waren und auf der vierten mit dem Festlande oder der Ebene zusammenhingen. Nur auf dieser vierten Seite bedurfte es künstlicher Mittel zur Sicherung, wozu ein bloßer Graben mit einer Zugbrücke schon hinreichte. Die Stadt selbst war anfangs wenig geschützt, weil ihr Gebiet nur durch Pfähle, Stricke oder Ketten begränzt war. Hier wohnten Adel und Gesinde, Ackerbürger, Handwerker und Handelsleute. Hier hielt man Märkte, hieher flüchtete sich zur Zeit der Gefahr die umwohnende Bevölkerung. Aber an ein freies geregeltes Gemeindewesen, an Innungen und Zünfte war damals noch nicht zu denken.

Die Burg diente zum Waffenplatz und zur Verwaltung der herzoglichen Gefälle. Dort wohnte der Kastellan mit seiner Mannschaft und den Kammerbeamten. Diese erhoben die Geld- und Getreideabgaben, pfändeten die Säumigen, luden die Parteien vor das Gericht des Burggrafen und führten nach gesprochenem Urtheile den rechtmäßigem Besitzer in sein Eigenthum. Die Schlüsselträger erhoben die Zölle, bestätigten Käufe und Verkäufe mit ihrem Amtssiegel (2 Schlüssel) und führten die Kasse. Der Hofrichter hatte die Justizpflege, Landeshoheitssachen standen unter dem Palatin, der den obersten Gerichtshof verwaltete. Der Oberkämmerer hatte für die fürstlichen Bedürfnisse auf den Reisen zu sorgen, der Obertruchseß übergab bei feierlichen Gelegenheiten die erste Schüssel dem Fürsten, der Obermundschenk den Becher. Der Hofkanzler mußte ein wissenschaftlich gebildeter Mann sein, da er die Steuern und Dienste veranschlagte, die Ausfertigung der Schriftstücke bewirkte. Der Marschall führte die Aufsicht über die Pferde, der Jägermeister über den Wald. Jeder der genannten Würdenträger hatte seine Unterbeamten; doch waren die Stellen nicht immer besetzt. Die Genannten hatten ihren Antheil an den Einnahmen und Hebungen, denen sie vorstanden, ode erhielten Grundstücke. Aber Niemand wurde lebenslänglich gewählt, noch waren die Würden erblich. Das Amt der Kastellane, Tribune, Palatine und Schlüsselträger war örtlich. Dieser Hofstaat war der Pracht des deutschen Kaiserhofes nachgebildet und vermidert sich in späterer Zeit. Kastellane werden außer Ratibor, in Cosel, Grendzin, Oppeln, Rosenberg, Beuthen, Nikolai, Pleß, Tost und Teschen erwähnt.

Bei dem Adel gab es damals noch keine Rangabstufung. Der Titel Graf bezeichnete nur die Beamtenwürde und war eben so wenig erblich, wie diese; der Titel Baron bezeichnete die übrigen Vornehmen und Großen, die Stände. Familiennamen gab es damals noch nicht, man begnügte sich mit dem einfachen Taufnamen; bedurfte es einer größeren Bestimmtheit zur Bezeichnung, so fügte man den Namen des Vaters hinzu, wie diese Sitte heut noch in Rußland herrscht, obgleich auch dort die Familiennamen längst eingeführt sind.1)

Die Gränzen seines Gebietes nach Süden und Osten haben sich genau in der Diöcesaneintheilung erhalten; wie Troppau und Leobschütz nie zum Sprengel des Breslauer Bisthums gehörten, die Dekanate Pleß udn Beuthen erst 1821 von der Diöcese Crakau abgetrennt wurden, so standen sie auch damals nicht unter der Herrschaft Miesco's. Die Umgegend von Katscher war Eigenthum des Bisthum Olmütz.2)

Diem regierenden Herzoge Schlesiens wollten ihr Land ebenso unabhängig vom Großfürsten besitzen, wie die übrigen Herzoge Polens, bemächtigten sich also aller Burgen, die Boleslaus der Krause noch besetzt gehalten und befestigten sie. In dem 1169 geschlossenen Frieden erhielten sie ihre Länder ohne Vorbehalt. Damals trat Boleslaus Oppeln an seinen Sohn erster Ehe, Jaroslav, ab.

Nach Boleslaus IV. Tode 1173 wurde dessen Bruder, Miecislav der Alte, Großfürst. Er machte sich aber durch seine Grausamkeit so verhaßt, daß die Polen ihn 1177 vertrieben und Kasimir den Gerechten als Großfürsten annahmen. Der landesflüchtige Miecislav fand mit seiner Gattin und drei Söhnen eine Zufluchtsstätte bei seinem Namensvetter in Ratibor, wo er eine günstige Zeit zur Rückkehr abwartete.1) So hatte die Stadt bereits zum zweiten male Gelegenheit, einen entthronten Piasten in sich aufzunehmen. Unser Herzog, der den Vertriebenen schützte, verweigerte Kasimir die Anerkennung.

Damals war zwischen Miesco und Boleslaus ein unerquicklicher Bruderzwist ausgebrochen. Miesco, bei der Ländertheilung übervortheilt, überzog den Bruder mit Krieg und vertrieb ihn aus Schlesien. Da trat Kasimir, der regierende Fürst Polens, als Vermittler und Schiedsrichter auf und versöhnte großmüthig die beiden Brüder, indem er unserem Herzoge vom Crakauer Gebiete Auschwitz, Beuthen (Zator, Siewierz und Pleß) überließ, dem Conrad Glogau und dem Boleslaus Breslau zutheilte.2)

Bogufal, Długoß und Kromer erzählen, daß Kasimir diese Schenkung in froher Laune bei einem Familienfeste gemacht, nämlich bei der Taufe des Sohnes unseres Herzogs, dem er als Pathe zugleich seinen Namen verlieh.

In dankbarer Gesinnung begleitete Miesco im J. 1192 den Großfürsten Kasimir auf dem Feldzuge gegen die heidnischen Nachbarn im Osten (Jaczwigen).3)

Zwei Jahre später starb Kasimir und es entbrannte zwischen seinem Sohne Lessek dem Weißen und dem früheren Oberregenten Miecislav dem Alten ein neuer Streit um das Seniorat. Unser Herzog trat auf die Seite des (berechtigten) älteren Fürsten. An dem Fluße Mozgawa, unfern dem Cistercienserkloster Andrzejow, kam es 1195 zum blutigen Kampfe. Aber unser Herzog und sein Neffe Jaroslav langten mit ihren Kriegshaufen zu spät an und kehrten nach unbedeutendem Gefechte in die Heimat zurück.1)

Jaroslav trat hierauf in den geistlichen Stand, wurde Domherr und 1198 Bischof von Breslau, indem er Neisse für das Bisthum, Oppeln für seine Verwandten bestimmte. Dem kloster Pforta schenkte er an der mährischen Gränze zwischen den Flüssen Hotzenplotz und Straduna 1000 Huben Landes mit allen Zehnten zwischen diesen Flüssen bis an ihre Mündung in die Oder zur Gründung eines Klosters. Dieses wüste Land, anfangs Jerozlave genannt, kam später an das Stift Leubus, welches daselbst die Propstei Kasimir gründete.2)

Jaroslav starb den 22. Februar 1201, sein Vater Boleslaus folgte ihm im Tode bald nach und unser Herzog erhielt Oppeln. Seitdem ist die Eintheilung des Landes in Ober- und Niederschlesien geblieben.

Mit dem zweiten Neffen, dem tapferen und frommen Herzoge Heinrich I. schloß er 1202 einen Vertrag, in welchem er sich für 1000 Mark Silber mit den ihm zugetheilten Burgen und Ländern begnügte. Papst Innozenz III. bestätigte am 26. November 1202 diesen Vertrag.3)

Nach dem Zeugnisse des Długoß war Miesco von hohem Wuchse, sehr behend und ein tüchtiger Fechter. Als er sich in seiner Jugend an den Höfen Conrad III. und Friedrich I. aufhielt, bewunderte man seine Geschicklichkeit im Zweikampfe, wie im Ritterspiele.

Aber er war nicht blos ein Kriegsheld, der seinen schmalen Landstrich zu einem ansehnlichen Herzogthume erweiterte, sondern er sorgte auch für sein Land durch kirchliche Stiftungen, um geistige Bildung zu fördern. Schon Bischof Zyroslaus (1170 bis 1180) consecrirte die S. Marienkirche in Rybnik und verlieh ihr den ihm zustehenden Zehnten von Rybnik, Smolna, Zelasna und Knieznitz.1) Mit seiner Gattin Ludmilla, deren Abkunft unbekannt ist, stiftete Miesco 1196 ein Jungfrauenkloster in Rybnik, das später nach Czarnowanz verlegt wurde.2)

Unter Miesco wurde 1205 die Marienpfarrkirche in Ratibor, deren Prsbyterium noch aus jener Zeit stammt, massiv aufgeführt. Wahrscheinlich stand an derselben Stelle schon früher eine hölzerne Kirche.

Auch soll schon Miesco kurz vor seinem Tode den Benediktinern aus dem Kloster Tiniec bei Crakau die Muttergotteskirche in Teschen gegeben haben mit der Bestimmung, daß dort die herzogliche Gruft sei.3)

Casimir von 1211 bis 1230.

Nach Miesco's Tode folgte dessen einziger Sohn Casimir, der bei der Uebernahme der Regierung 32 Jahre zählte. Dieser vermählte sich mit Viola, einer bulgarischen Prinzessin. Hatte Miesco die meiste Zeit in ritterlichen Kämpfen zugebracht, so genoß während der 20 Herrschaft Casimirs Oberschlesien eines wohlthätigen Friedens. Die Cultur des Bodens und die Veredelung der Unterthanen machte unter ihm durch Einführung der deutschen Rechtes bedeutende Fortschritte.

Wir werden die Verdienste des Landesfürsten um so mehr würdigen, je deutlicher wir uns den kläglichen Zustand vorführen, in welchem die Städte und Dörfer von ganz Schlesien bis zum Anfange des 13. Kahrhunderts schmachteten. Stenzel, der in seiner Vorrede zur Urkundensammlung die polnische Dienstbarkeit ausführlich schildert, faßt in seiner Geschichte Schlesiens die Verpflichtungen der Unterthanen kurz zusammen:

Die Leistungen bestanden in Lieferungen von Ochsen, Kühen, Schweinen, Schafen und Lämmern und Ehrungen, nämlich Käse und Eier, Hühner und Schinken (naraz). Ferner mußten die Unterthanen für den Fürsten und dessen Gefolge und deren Bedürfnisse auf den Reisen Fuhren mit Vorspann geben (powoz), sie mußten Pferde stellen für des Fürsten reitende Diener, welche abgeschickt wurden, um dessen Botschaften oder Befehle zu überbringen (podwoda), sie mußten dem Fürsten Geleit geben, zu Wasser und zu Lande, von einem Orte zum andern, und ihnen übergebenes Wild, Fische, Waizenbrot, Wein ???***., so wie Verbrecher, welche fortgeschafft werden sollten, abliefern und Alles auch über Flüsse setzen (prewod).

Ferner mußten sie den Fürsten, so wie den fürstlichen Beamten Herbege geben d. h. für deren Nachtlager und dort für Unterhalt und Pferdefutter sorgen (stan). Ebenso mußten sie den fürstlichen Jägern und Vogelstellern, Hundewärtern und Jagdhunden Herberge und Unterhalt geben (psare). Auch zu Pflugdiensten, zum Gras- und Kornmähen und Holzschlagen waren die polnischen Bauern verpflichtet. Von den meisten dieser Lasten wurden die Unterthanen kirchlicher Körperschaften und die Deutschen befreit. Am längsten hielt sich das Herbergsrecht.

1)

Zwar leistete nach deutschem Rechte der Unterthan seinem Herrn auch noch Dienste, aber dieselben waren mäßig und genau bestimmt, ebenso wie die Abgaben, die er entrichtete. Jetzt hatte Jeder Aussicht, durch Fleiß und Sparsamkeit sein Eigenthum zu vermehren und zu verbessern, die Früchte seiner Anstrengungen mit den Seinigen zu genießen. Wie sehr mußte dieses Bewußtsein den Geist erheben und zur Thätigkeit anspornen.

Nach deutschem Rechte wurden nicht blos neue Ortschaften angelegt, sondern auch bereits bestehende nach demselben eingerichtet; selbst Dörfer mit rein slavischer Bevölkerung wurden damit bewidmet.

War ein Ort anzulegen, so bestimmte der Grundherr eine gewisse Anzahl von Hufen, übertrug die Ausführung einem Ritter, der in den Dörfern den Titel Schulz, in den Städten den Namen Vogt erhielt. Die mit deutschem Rechte bewidmeten Städte wurden von der Gerichtsbarkeit der Kastellane und andrer fürstlichen Beamten ausgenommen. Der Stadtvogt hatte die niedere Gerichtsbarkeit und bezog den dritten Theil der Strafgefälle, der Magistrat hatte die Handhabung der Polizeiverwaltung und des Communalwesens. Criminalverbrechen geringeren Grades gehörten zur Polizei, Sachenvon größerer Wichtigkeit waren dem herzoglichen Hofgerichte vorbehalten. Der Stadtvogt hatte ein Freihaus, einen Antheil an den Fleisch-, Brod- und Schuhbänken, an den Tuchkammern, Kramladen und dem Marktzoll; an Grundstücken besaß er einen Theil des Stadtackers und Gärten frei von Abgaben; von den zur Stadt geschlagenen Dörfern hatte er (in Oberschlesien) die sechste Hufe frei. Er sammelte den Grundzins und führte ihn der Herrschaft ab.

Die Einnahme der Herzoge bestand in dem Ertrage ihrer Güter und in den Rechten über ihre Unterthanen.

Der Herzog hatte das Obereigenthum über alle metalle und erhielt einen Theil des Gewinnes, für die Benutzung der Forsten und Wiesen erhielt er einen Zins. Einträglich war das Regale der Gewässer, der Zölle, des Salzverkaufes und der Gerichtsbarkeit.

Einzelne Orte oder Corporationen wurden von gewissen Abgaben befreit. Solche Schenkungen schlugen zum Vortheile des Fürsten aus, weil durch das Aufblühen des Landes und den erhöhten Verkehr andere und bessere Einkünfte an die Stelle traten. Viele Privilegien wurden den gewerbskundigen und arbeitsfleißigen Colonisten verliehen, wodurch das durch die deutschen, böhmischen und polnischen Kriege verheerte Land cultivirt wurde.

Die Aussetzung der Ortschaften nach deutschem Rechte geschah aber weder überall, noch gleichzeitig, sondern zog sich durch einige Jahrhunderte hin und erscheint immer als besondere Vergünstigung. An Germanisierung im späteren Sinne ist dabei noch nicht zu denken, da das deutsche Recht nur die Gerichtsverfassung, nicht aber die Sprache änderte. Wo sich deutsche Colonisten ansiedelten, wie beispielsweise in Kostenthal bei Kosel (1225), behaupteten sie auch ihre Muttersprache.

Für die Regierungszeit Casimirs sind uns schon die unentbehrlichen Grundlagen wahrer Geschichte, nämlich Urkunden geboten; sie geben uns ein erfreuliches Bild von dem Aufschwunge Oberschlesiens. Casimir ertheilte im J. 1217 auf den Rath des Bischof Laurentius und seiner Barone dem Hofkaplan Sebastian und dessen Bruder Graf Gregor ihrer getreuen Dienste wegen für das ihnen erblich verliehene Dorf Leschnitz Freiheit in derselben Form, nach welcher der Herzog früher schon die Gäste in Oppeln und in Ratibor angesetzt hatte und schenkte ihnen noch dazu Milowanow und Virh.1)

Es geht daraus hervor, daß Ratibor und Oppeln damals schon deutsches Recht hatten.

Graf Stoignew, Kastelan von Ratibor, schenkte 1221 seine Güter Bognowe und Wrocina an das Cistercienserkloster Leubus, weil sein Vetter Dirsicrai ihn gezwungen hatte, wegen des Erbes Mackau zu schören.1) [1230 werden die beiden Dörfer Bogunow und Vezurocona genannt.]2) Derselbe Castellan schenkte in demselben Jahre dem Abt Günther von Leubus das Dorf Kostenthal, dessen Gränzen unser Herzog in eigener Person zur sichern Feststellung umging.

Casimir und Bischof Laurentius gingen in ihren humanistischen Bestrebungen Hand in Hand. Der Herzog nennt den Kirchenfürsten wiederholt seinen geliebten Freund und ehrwürdigen Vater. Um ihm einen Beweis seine Hochachtung zu geben, ertheilte Casimir 1222 die Freiheit, das der Domkirche gehörige Gebiet von Ujest mit deutschen Colonisten nach deutschem oder anderem Recht auszusetzen. Auch das Recht zum Fischfange, die Mühlenbauten und Nutzen der Gewässer sollen dem Bischofe angehören, nur den Biberfang und das Münzrecht behält sich der Herzog vor. Der Bischof solle freie Gerichtsbarkeit über den Halt haben, nur sollen die Einwohner dieses Landgebiets in dem Falle, wenn ein Heer zu einem Kriege innerhalb des Landes aufgeboten wird, sich zu des Herzogs Fahne stellen: erstreckt sich aber der Zug über die Landesgränze hinaus, dann sollen sie auf eigene Kosten 3 gewaffnete Männer zum Schutze in eines der herzoglichen Schlösser schicken. Von dieser Verpflichtung seien die Einsassen jedoch die ersten 5 Jahre frei. Wenn ein herzoglicher Unterthan, er sei Pole oder Deutscher, ein Verbrechen begehe, so gehören ?? des Strafgeldes dem Herzoge, ?? dem Richter. 3)

Der Bischof wohnte öfters in Ujest, um durch seine persönliche Gegenwart auf das Gedeihen der jungen Pflanzung einzuwirken; von hier aus besuchte er oft seinen Freund Casimir, weihte viele neugegründete Kirchen ein und dotirte sie mit den ihm zustehenden Zehnten. Durch sein Beispiel förderte er die Freigebigkeit des Adels. Am 25. Mai 1223 gründete er in Ujest einen Markt und in der Umgegend Dörfer nach deutschem Rechte, wie es Neumarkt hatte.1)

In der Nähe Ratibors consecrirte er 1223 die Kirche zu Slawikau. Besitzer des Dorfes war Graf Werner.2) Der Pfarrei Matzkirch, welches Dorf dem Graf Andreas gehörte, schenkte er die Zehnten von Autischkau, Gogolin, und Dombowa-Wodka (Hochkretscham). Ferner consecrierte er am 19. November 1223 die Kirche zu Mackau und schenkte ihr den Decem der Burg Mackau, von Gammau und Bogdanow; außerdem schenkte er auf Casimirs Bitte und mit Bewilligung des Domkapitels den geistlichen Jungfrauen bei der Salvatorkirche in Rybnik am 25. Mai 1223 den Zehnten und die Hälfte des Neubruchzehnten in der Kastellanei Teschen und fügte ? der Zehnten von Crawarn, Mackau und Lichan hinzu. Auch verlieh er der Kirche zu Schurgast bei Einweihung derselben gewisse Zehnten wegen des dort befindlichen Hospitales.3)

Zur Parochie Kasimir bestimmte der Bischof am 8. September 1223 die Dörfer Grauden, Schmitsch, Karchwitz, Kostenthal, Koske, Trawnik, Twardawa, Schwesterwitz und Nimsdorf.4) Aus all den genannten Orten bildeten sich später vier selbständige Pfarreien.

Im nächsten Jahre schenkte Seteh, Besitzer von Mackau und Ritter des Spitals zu Jerusalem, mit Zustimung seines Halbbruders, Mackau dem Orden, was Herzog Casimir zu Falkenberg bestätigte.5) (Es wurde ein Hospital angelegt und Miesco II. ertheilte am 27. August 1240 in Ratibor anwesend dem Orte Marktrecht. Dieser hob sich auch bald als Sitz eines Comthurs der Johanniter und wurde bei Anlegung anderer Dörfer nach deutschem Rechte als Muster genommen.) Die Johanniter besaßen bereits 1183 Besitzungen in der Nähe, (an der Psinna), nämlich in Gröbnig und Hohndorf.1)

Ende November 1225 gewährte Casimir dem Stifte leubus für dessen deutsche Colonisten in Kostenthal die Rechte seiner eigenen Colonisten in Zülz. Die Urkunde darüber ist zu Oppeln am 15. Febr. 1226 ausgestellt.2) Demselben Kloster schenkte er 1226 die Kirche zu Kasimir nebst dem dazu gehörigen Grund und Boden (der an die Thalschlucht gränzt, welche die Kirche von dem genannten Dorfe trennt, zwischen der Stradune und Hotzenplotz), den er durch seine Grafen Rossek und Stefan hatte umgehen lassen.3)

Einen anderen Beweis des Vertrauens, welches der Herzog unserem Bischofe schenkte, ist, daß er ihn in einer fraglichen Sache zum Schiedsrichter wählte. Casimir war nämlich über die alte Taxe seiner Zölle in Rosenberg und Siewierz im Zweifel und wendete sich an Laurentius mit der Bitte, die Sache festzustellen. Dieser ließ bei Gelegenheit der Consecration der Kirche zu Rosenberg 1226 alte Leute kommen, befragte sie genau, ließ dann ihre Aussagen beschwören, und gab ein Mandat, in welchem die Zollsätze festgestellt wurden. Diese Urkunde gibt einigen Aufschluß über den Handelsverkehr und das Münzwesen damaliger Zeit. Wir erfahren, daß die Handelsstraße von Mähren durch Rosenberg nach Cujavien ging, leere Wagen zahlten 1 Stein Salz, rückfahrende, wenn sie Häringe brachten, 30 Stück derselben, wenn andre Waaren ½ Scot d. h. den 48. Theil einer Mark, von Weibern und Knechten (wahrscheinlich waren diese heidnische Kriegsgefangene), die zum Verkauf gebracht wurden, 1 Scot, ebenso viel von einem Juden, auch wenn er nicht zum Verkauf geführt wurde. Führten Reiter oder Fußgänger Waaren bei sich, so zahlten sie 2 Oppelner Pfenninge. Geistliche, Ritter und Gesandte waren frei, ebenso die Zöllner und Münzer des Landes. In Siewierz gab man bei Bleifuhren für ein Pferd 1 Scot. Zuwiderhandlungen verfielen in eine Strafe von 4 Mark.1)

Casimir, derin Oppeln residirte, verlegte 1228 das von seiner Mutter Ludmilla in Rybnik gestiftete Nonnenkloster an die Ufer der Malapane nach Czarnowanz und vermehrte dessen Besitzungen. Er befreite die Stiftsunterthanen vom Burgbau, der Heerfahrt und allen Diensten und Lasten des polnischen Rechtes, und verordnete, daß die Insassen der Dörfer unter der Gerichtsbarkeit des Klosterprobstes stehen sollten; nur wenn der Feind plötzlich ins Land einfiele, sollten sie zur Vertheidigung des Landes dienen.2)

Am 1. August 1228 war der Herzog in Rybnik und beschloß auf den Rath der Stände, das Schloß Oppeln mit einer Mauer zu umgeben. Zur Ausführung des Baues verlieh er Falkenberg und Czeladz.3)

Das ist die letzte Urkunde, die uns von dem Herzoge bekannt ist. Er starb laut Nekrolog des Kloster Czarnowanz, wo er seine Ruhestätte fand, am 13. Mai, wahrscheinlich im Jahre 1229 oder 1230, denn im letztgenannten Jahre erscheint Viola schon als Wittwe, wie wir bald hören werden. Sie lebte noch sehr lange, denn in der Stiftungsurkunde des Dominikanerklosters zu Ratibor 1258 geschieht ihrer als einer Lebenden noch Erwähnung.

Da die beiden Söhne Miesco und Wladislav noch unmündig waren, führte Herzog Heinrich der Bärtige von Niederschlesien die Vormundschaft.

Gleichwie das Cistercienserkloster Lehnin in Folge eines Traumgesichts gegründet wurde, welches Markgraf Otto von Brandenburg im April 1180 während eines kurzen Schlummers nach einer Jagd in wildreichen Forsten südöstlich seiner Residenz hatte,1) gleichwie das Cistercienserkloster Rauden seinen Ursprung der Auffindung einer Quelle verdankt, bei welcher sich Herzog Wladislav, nachdem er sich in der Wildniß während einer Jagd verirrt hatte, mit seinem Gefolge wieder zusammenfand,2) so knüpft die Ueberlieferung die Gründung der Cistercienserabtei Orlau gleichfalls an ein ein denkwürdiges Ereignis, das während einer Jagd stattfand. Als nämlich Herzog Miesco, von seiner Gemahlin begleitet, in den dichten Wäldern bei seiner Residenz Teschen sich mit dem edlen Waidwerke erfreute, erblickte die Herzogin, wie ein mit Beute beladener Adler von besonderer Größe von der Höhe eines Baumes seinen Raub herabfallen ließ. Erschrocken darüber gebar sie auf der Stelle einen Sohn, der Casimir getauft wurde. Zur Erinnerung an den Adler und die glückliche Entbindung ließen die Eltern eine Kapelle an demselben Orte bauen, den Wald zum Theil lichten und Häuser anlegen. Das Dorf selbst nannten sie mit Anspielung auf den Adler Orlova d. h. Adlers-. Um seiner Geburtsstätte sich dankbar zu erweisen, stattete Casimir das Benedictinerkloster zu Teschen mit Orlau und anderen Dörfern aus, was Papst Gregor IX. 26. Mai 1229 bestätigte. In dieser zu Perusium ausgestellten Confirmationsurkunde werden als Besitzungen des S. Petriklosters in Tiniec namentlich aufgeführt:

  1. Orlau, Dombrau, Koczebenz, Tierlitzko (sämmtlich bei Teschen); Groß-Gorzitz, Uchilsko (bei Loslau), Ostrau, Wirzbitz, Zablat, Zuckau, Lazy (bei Teschen), Golkowitz (bei Loslau);
  2. der Decem von den Ackerloosen in Kosel, die zur Castellanei Ratibor gehören nach Rybnik zu, welche Bischof Laurentius dem Kloster Tiniec verliehen.
  3. 2 Krüge und das Marktrecht in Beuthen.1)

An der Oppa lag ein Bezirk, welcher den Namen Golesisco (Holachiz) führte und zwischen den Gränzen der Olmützer und Breslauer Diöcese lag. Die Dörfer Bogdanowe und Leviz befanden sich in dem Districte, der von jedem der beiden Bischofe beansprucht wurde. Papst Gregor gab unter demselben Datum (26. Mai) dem Crakauer Bischofe den Auftrag, die Streitsache wegen der Diöcesangränzen beizulegen.2)

Viola befreite 1230 das Dorf Repten, welches dem Vincenzstifte zu Breslau gehörte, von allen landesherrlichen Polnischen Lasten, damit das Andenken ihres verstorbenen Gatten daselbst gefeiert werde. Das Stift legte in jener Gegend mehre Dörfer an.3)

In Polen war durch die Uneinigkeit der Theilfürsten fortwährend Unruhe. Wladislav Dünnbein, von seinem Neffen Wladislaus Odonicz aus dem Lande gejagt, entfloh nach Ratibor, welcher Ort schon zweien seiner Vorgänger Aufnahme gewährt. Von hier aus machte er Versuche zur Wiedergewinnung seines Besitzes, sammelte einen Kriegshaufen und belagerte 1231 Gnesen; doch starb er noch in dem genannten Jahre und Wladislav Odonicz wird Herr von Großpolen.4) Der greise Papst Gregor IX., dem es unter seinen schweren Hirtensorgen am Herzen lag, Bedrückungen der Wittwen vorzubeugen, trug am 23. December 1233 dem Erzbischofe von Prag, den Bischöfen von Breslau und Olmütz auf, Viola die herzogliche Wittwe von Oppeln und ihre Söhne, welche der Kirche ergeben sind, gegen Beeinträchtigungen der Güter, die sie rechtlich besitzen, zu schützen.1)

Als Herzog Heinrich im J. 1234 von Crakau, wo er mit Conrad von Masovien wegen des Friedensschlusses Unterhandlungen gepflogen, zurückreiste und in Czarnowanz einkehrte, bestätigte er als Vormund der Casimirschen Prinzen mit Bewilligung der Barone des Herzogthum Oppeln die Besitzungen des Prämonstratensernonnenklosters und gab seinem Mündel Wladislav, weil diser ihm im Kriege gegen die Polen Beistand geleistet, Kalisch und Wielun. Auf dem Siegel, das Viola an die Urkunde hing, ist sie thronend zwischen ihren beiden Söhnen dargestellt.2)

Die Herzogin gewährte 1235 dem Bischof Thomas I. für dessen ihr und ihren Kindern bei der Führung ihrer Geschäfte erwiesenen Dienste die Freiheit von Ujest für das Dorf Klutschau, welches der Oppelner Kanzler Sebastian der Kirche geschenkt.3)

In der Collegiatkirche des hl. Johannes zu Ohnachau schenkte 1235 Graf Zbroslav, Castellan von Oppeln, dem Bisthume sein Erbtheil Steinau, das er von Herzog Casimir erhalten, ohne alle Einschränkung mit allen Nutzungen zu einem ewigen Besitzthum. Unter den Zeugen befand sich der Stadtvogt Colinus von Ratibor, ein neuer Beweis, daß unsre Stadt bereits deutsches Recht hatte.4)

Miesco II. von 1239 bis 1246.

Nachdem der Vormund Heinrich der Bärtige am 12. April 1238 gestorben, übernahm Miesco II., wenn dieses nicht ein Jahr später geschehen sein sollte, die Zügel der Regierung. Sein Bruder Wladislav behielt Kalisch und Ruda, denn im J. 1238 stellt Viola als Herzogin von Kalisch und Ruda mit ihrem Sohne, dem Herzog Wladislav, zu Bobranik eine Urkunde aus und auch 1243 nennt sich Wladislav Herzog von Kalisch.1) Herzog Miesco II. gestattete am 19. Februar 1239 dem Bischof Thomas I. von Breslau, Deutsche in Klutschau (bei Ujest und Groß-Strehlitz) mit denselben Freiheiten anzusetzen, welche sein Vater für Ujest ertheilt hatte.2) Dem letzten Willen seines Vaters zufolge, so wie mit Genehmigung seiner Mutter Viola und seines jüngeren Bruder Wladislav, schenkte er zu Ratibor am 24. September 1239 dem Hospitale zum hl. Geist in Breslau das Dorf Croschina oder Wigandsdorf bei Schurgast.3) Als er zu Kosel in demselben Jahre dem Orden der S. Johanniter in Gröbnig und Mackau die, vom Grafen Goßlav (vom Vorwerk Jedlownik) geschenkten Ackerstücke bestätigte, war Semijan, Castellan von Ratibor, gegenwärtig.4)

Am 25. Mai 1240 war der Herzog selbst in Mackau und verlieh den Kreuzherren, welche ihn in ihre Bruderschaft aufgenommen, das Recht, ihre Besitzungen Mackau, Repten und Blottnitz nach Neumarkter Recht auszusetzen.5)

Unter den Freiheiten, welche Miesco dem Bischofe Thomas für die Besitzungen in Ujest, Kostenthal und Steinau 1241 gab, sind folgende hervorzuheben: Wenn eine Expedition über die Landesgränze zu unternehmen ist, so bracuhen die Leute der genannten Orte nicht daran Theil nehmen, sondern Ujest nur vier, Steinau und Kostenthal je drei Gewaffnete auf eigene Kosten zum Schutze irgend eines Schlosses stellen. Auch für den Fall, daß eine allgemeine Collekte für den Herzog ausgeschrieben würde, sollten sie davon frei sein. Wenn endlich in seinem Herzogthume Gold- oder Silbergruben, oder Adern eines anderen Metalls entdeckt werden, soll der zehnte Theil dem Bischofe gehören.1)

Wir kommen jetzt zu einem der denkwürdigsten Ereignisse der vaterländischen Geschichte, nämlich zum Einfall der Mongolen in das eben aufblühende Schlesien.

Die Mongolen, ein Nomadenvolk des mittleren Ostens, zeigen schon durch ihr Aeußeres ihre Rohheit und Brutalität. Sie sind breitschulterig, haben eine schmutzig gelbe Gesichtsfarbe, platte Nasen, aufgeworfene Lippen, hervorstehende Backenknochen und kleine langgschlitzte Augen. Diese eroberungs- und beutesüchtigen Horden dehnten damals ihre Raubzüge nach dem Abendlande aus, flogen auf ihren Pferden pfeilschnell dahin, verbrannten und zerstörten die Städte, durch welche sie kamen, und hieben Alles ohne Erbarmen nieder.

Im December 1240 zogen sie über Moskau und Kiew gen Polen und Ungarn. Während Batu mit dem einen Heee in Ungarn eindrang, eroberte der andere Theil Sandomir und rückte über die rauchenden Trümmer Crakau's nach Schlesien vor. Daß sie bei Ratibor über die Oder gesetzt, ist allgemein bekannt.

Nähere glaubwürdige Ueberlieferungen fehlen, sind jedoch noch vor 50 Jahren vorhanden gewesen. Carl Gromann, der vom 5. April 1806 bis 28. Jan. 1813 Kaplan in Tworkau war, sich mit historischen Studien viel beschäftigte und seine Forschungen im Oberschlesischen Anzeiger (J. 1810 und 1811) veröffentlichte, muß noch nähere Quellen über die Ereignisse in Ratibor in Händen gehabt haben, wie der Leser aus folgender Darstellung leicht erkennen kann.

Kaum war die Hauptmacht der Tataren in Polen eingebrochen, als eine Abtheilung derselben in den ersten Tagen des Januar 1241 auch schon vor Ratibor erschien und der Stadt kaum Zeit ließ, ihre Tore zu sperren. Die Mongolen lagerten sich um Stadt und Schloß, verbrannten die Dörfer und Vorstädte und warfen auch in die Stadt oft Feuer. Des Nachts fielen Sie mit entsetzlichem Geheul die Verpallisadirung, aber immer fruchtlos und zu eignem Schaden, an. So wehrte man den gewaltsamen Eindrang in die Stadt, als den minder schrecklichen Feind ab, während der Hunger, dieser unbesiegbare Feind, im Innern seine Schrecknisse verbreitete. Die Stadt war unversehens belagert worden und es gab in derselben außer dem zusammengelaufenen Landvolke, das einiges Vieh mit eingetrieben hatte, keine Vorräthe darin, und von außen waren weder Waffeb noch Lebensmittel zu erwarten, denn die Oberschlesier waren nicht unter den Fahnen, der Herzog in Polen.

Weinend und die Hände ringend zogen Weiber und Kinder auf den Straßen umher, und die Nacht, sagt ein altes Blatt, war die schrecklichste; denn in ihrer Stille vernahm man die Klagen der Verzweiflung am stärksten. Der Zustand der Stadt war namenloses Elend. Da verließen die wilden Feinde früh den 16. Januar in der Eile, mit Hinterlassung einiger Kranken und vieler Geräthschaften, die Stadt und Gegend und flohen, wie von einem panischen Schrecken getrieben, den Wäldern jenseits der Oder zu, aus denen sie hervorgedrungen waren.

Das Elend hatte in Ratibor nie diesen Grad erreicht, folglich war wol auch in dieser Stadt die Freude nie größer, als an diesem tage. Einmüthig beschlossen die Bewohner der Stadt, diesen Tag jedes Jahr als einen Festtag, verherrlicht durch eine öffentliche Procession, zu feiern und so dem Himmel für die Erlösung aus dem schrecklichen Zustande, noch in den Gebeten der Nachkommen zu danken.1)

das Frohlocken der Ratiborer währte jedoch nicht lange. Schon im März 1241 erschien ein Schwarm von Tataren wieder im Angesichte der Stadt. Nun hatte aber auch schon Miesco II. ein Heer beisammen, mit dessen größerem Theile er sich hinter der Stadt hielt. Stadt und Schloß waren wohl besetzt, die Brücken abgebrannt. Tataren setzten über die Oder, unbekümmert um die Ratiborer, die einige der Wagehälse mit Pfeilen erschossen, andre mit Spießen und Lanzen in den Fluß zurückwarfen, wenn sie eben aussteigen wollten. Da sie in allen Gegenden um die Stadt herum über die Oder setzten, vermehrte sich ihre Zahl am linken Ufer gar bald. Nun fiel aber der Herzog über sie her, während auch die Schloßbesatzung einen Ausfall machte. Die asiatischen Gäste nahmen die Flucht und hinterließen nur in der Gegend um die Stadt 471 Todte und einige Verwundete. Von letzteren sollen einige in Ratibor geblieben sein und sich in der Stadt ansäßig gemacht haben. Noch im J. 1391 sollen sich Abkömmlinge von ihnen jenseits der Oderbrücke vorgefunden haben. Wäre der Herzog mit dem größten Theile der Mannschaft auf dem rechten Ufer gewesen, so würden die Mongolen einen größeren Verlust erlitten haben.

Die verfolgten Tataren zogen sich gegen Crakau hin, wo ihre Hauptmacht stand, die eben im begriff war, dem vereinigten Polen eine Schlacht zu liefern. Der Herzog verband sich mit den Polen, aber die Schlacht bei Crakau (18. März) fiel unglücklich aus. Miesco zog auf Umwegen nach Ratibor, das Heer der Tataren ihm nach. Er ermunterte die Ratiborer zur Vertheidigung der Stadt, ließ im Schlosse eine starke Besatzung und zog nach Niederschlesien, um sich mit Heinrich II. zu verbinden. Die Tataren gingen diesmal an Ratibor vorbei, verbrannten Breslau — nur die Burg hielt sich — gingen nach Liegnitz und stießen am 9. April 1241 auf das christliche Heer, das eine gänzliche Niederlage erlitt.

So weit Gromann.

Kaum hatten sich die Feinde, das Schlachtfeld eilig verlassend, nach Mähren zurückgezogen, so kehrte Miesco in sein verödetes Land zurück. Wir haben davon eine zuverlässige Nachricht, denn schon am 8. Mai 1241 stellte er in Ratibor eine Urkunde aus. Er gab nämlich mehren Orten des Johanntierordens, Mackau, Repten, Blottnitz und Czissek wegen der Pflege der Kranken und Pilger deutsches Recht, wie er Neumarkt hatte. Außerdem gestattet er, ein Wehr — wahrscheinlich zu einer Mühle — anzulegen, wogegen weder der Burggraf von Kosel, noch andre Beamten Einspruch zu amchen hätten. Endlich befreit er die Colonisten von allen herzoglichen Leistungen.1)

Am 25. März 1243 war der Herzog in Mechnitz bei Kosel und befreite die Brüder des hl. Grabes zu Miechow in den Dörfern Colini und Mechnitz von allen Lasten und Diensten, sie durften nur unter dem Siegel des Herzogs vor sein eignes Gericht citirt werden. Auch verlieh er ihnen ein Schiff mit Fährgerechtigkeit in Mechnitz.2) An demselben Tage und Orte verlieh auch Viola mit Einwilligung ihres Sohnes Wladislaus dem Bischofe für Biskupitz bei Beuthen gewisse Rechte. In demselben Jahre und wahrscheinlich an demselben Tage, weil die Urkunde in mechnitz ausgestellt ist, gibt Miesco in Gegenwart seiner Mutter Viola, seines Bruders Wladislav, der noch Herzog von kalisch genannt wird, dem bischöflichen Orte Steinau das Marktrecht und Bestimmt, daß die bischöflichen Unterthanen von den landesüblichen Lasten frei sein sollen, mit Ausnahme der Landesvertheidigung.1)

Bald darauf wurde unser Herzog in einen Krieg verwickelt. Herzog Conrad von Masovien, mit dessen Tochter Judith er vermählt war, kämpfte mit Herzog Boleslaus von Crakau, und Miesco unterstützte mit seinem Heere den Schwiegervater. Sie wurden aber am 25. Mai 1243 bei Suchodol geschlagen.2)

Im nächsten Jahre verlieh der Herzog bei seiner Anwesenheit in Ratibor, wegen der Frömmigkeit des Abt Heinrich von Leubus, dessen Leuten in kasimir und andern Orten, daß sie in Rechtsstreitigkeiten sich weder vor dem Burgvogte, noch vor seinen Hofrichtern, sondern nur vor dem Propste zu Kasimir zu stellen und zu verantworten brauchen.3)

Im Jahre 1245 gab er dem Bischofe das Gut Ponischowitz mit völliger Freiheit zur Aussetzung nach polnischem oder deutschem Rechte, und trennte die Unterthanen daselbst von der Gerichtsbarkeit des Schlosses zu Tost.4) Am 12. April 1245 war Miesco wieder in Ratibor und tauschte mit dem Cistercienserstift Leubus die Dörfer Gläsen und Schönau ein, welche damals an der Gränze Mährens lagen, gegen Kasimir, Lonkowitz und Komornik, die das Stift nach deutschem Rechte aussetzen sollte; er bestimmte aber ausdrücklich, daß nach seinem Tode die erstgenannten Orte wieder an das Kloster fallen sollten. Unter den Zeugen erscheint bereits der neue Castellan von ratibor, Namens Chotke.1)

Gromann erzählt, daß Miesco Boleslaus dem Kahlen zum Besitz von Krakau verhelfen wollte, sich dabei durch einen Pferdesturz eine Krankheit zuzog und noch vor Beendigung der Fehde starb. Urkundlich steht fest, daß er am 29. October zu Kosel sein Testatment machte. Daß er noch im Jahre 1246 gestorben sei, dafür haben wir mehre Beweise; erstens heirathet die Wittwe Judith schon 12472) Heinrich III. von Breslau, dem sie Heinrich IV. (der später gegen Ratibor zog) und Hedwig gebar, und zwietens erscheint schon 1247 Wladislav als Gebieter unseres Herzogthums. Die angebliche Urkunde Miesco's aus dem Jahre 1251, da das Siegel des Bischof Thomas II. daran hängt, welcher doch erst später zur Regierung kam.

Miesco, umgeben von seinen Ständen und von Dominikanermönchen, vermachte auf seinem Sterbebette:

  1. der S. Johanniskirche zu Breslau 2 Dörfer, nämlich Salesche bei Groß-Strehlitz und Schlawentzütz mit der Bedingung, daß die Klosterbrüder und Armen an seinem Jahrestage eine Mahlzeit erhielten und ein ewiges Licht in genannter Kirche brenne.
  2. Der Kreuzkirche in Oppeln das Dorf Strelitz auf der Gola, d. h. auf Blankenfelde.
  3. Dem Kloster in Czarnowanz ganz Brzezie.
  4. Den Dominikanern in Ratibor, bei denen er begraben sein will, verlieh er zum Bau des Klosters und der Kirche 200 Mark Silber.
  5. Den deutschen Ordensrittern 100 Mark.
  6. Dem Bruder Wladislav sein ganzes Land für den Fall, daß seine Gattin Judith ohne Erben bleiben sollte.
  7. Als Wittwensitz bestimmt er ihr die Burg Tost mit Zubehör; wenn sie aber heirathen wollte, sollten ihr 500 Mark Silber gezahlt werden.
  8. Der Mutter verlieh er die zwei Burgen Teschen und Ratibor mit Zubehör, ausgenommen den Zins des ersten Jahres von seinem Landesantheil, den er für den Bischof und den Prior der Dominikaner bestimmte, die er zu Exekutoren des Testamentes einsetzte. 1)

Bogufal erzählt, daß Miesco, der den Brautschatz von 500 Mark Silber noch schuldete, noch vor seinem Tode den Bruder beauftragt habe, diese Summe auszuzahlen.2)

Wladislav von 1246 bis 1283.

Nachdem Miesco II. vom öffentlichen Schauplatze abgetreten war, wurde sein Bruder Herr von ganz Oberschlesien. Wir finden ihn auch auf dem allgemeinen und feierlichen Landtage, den Herzog Boleslaus II. auf freiem Felde bei Breslau hielt, zu welchem Arme und Reiche aus dem ganzen Lande zusammengekommen waren.3)

Im Jahre 1247 gab er dem S. Vincenzstifte in Breslau das Recht, Repten bei Beuthen mit fremden Colonisten nach deutschem Rechte anzulegen. Er befreite es von allen Frohnfuhren. Unter den mancherlei Gerechtsamen, die er ertheilte, z. B. zur Anlegung von Krügen, Mühlen und Fischteichen, ward den Colonisten auch freies Blei zugestanden, was für die damalige Cultur des Bergbaues spricht. Das Siegel der im Provinzialarchive aufbewahrten Originalurkunde zeigt den Herzog im Harnisch; er trägt auf dem Haupte einen fast viereckigen, geschlossenen Helm und reitet nach links mit eingelegter Lanze, an der ein Fahnentuch flattert. Am linken Arme hängt ein dreieckiger Schild, im Felde hinter dem Herzoge gewahrt man einen großen Stern.1)

Wladislav, der von seinem sterbenden Bruder die Pflicht übernommen, den Brautschatz zu zahlen, wollte 1251 statt des baaren Geldes Burg und District Ruda (später das Wielunsche Land genannt) an Kasimir von Cujavien, den Bruder der Wittwe, verpfänden. Ehe sich aber Kasimir in Besitz setzte, kam ihm Przemislav von Posen und Kalisch zuvor und occupirte die Burg.2) Wladislav versöhnte sich jedoch mit Letzterem, nahm dessen Schwester Eufemia, mit welcher er im 4. Grade verwandt war, als Gattin und zahlte den Brautschatz in baarem Gelde aus.3)

Das Wieluner Land war also unserem Wladislav entrissen. Das ist aber nicht der einzige Tadel, der ihn trifft. Der Leser wird aus den folgenden Begebenheiten erkennen, wie unser Herzog sein ganzes, langes Leben hindurch mit sich selbst im Widerspruche stand. Zwar edlen, frommen Sinnes war er in vielen Stücken ein wackerer Fürst, aber es fehlte ihm Charakterfestigkeit. Sein Land, das er doch innig liebte und dem er viel Gutes that, mußte manches durch ihn leiden. Es war wiederholt der Schauplatz blutiger Kriege und furchtbarer Verheerungen, denn der Herzog stürzte sich in muthwillige Kämpfe, verband sich mit Jedem, auch mit dem, der noch vor Kurzem sein Feind gewesen, und unterlag meist, ward aber durch Schaden nicht klüger.

Zuerst nahm er Theil an dem Kriege der Ungarn gegen Böhmen. Wir sehen ihn hier im Bunde mit Boleslaus von Crakau, König Daniel von Rußland und Bela, gegen Prinz Ottokar von Mähren.1)

Ueber diesen Feldzug, den die polnischen Geschichtsschreiber nur sehr kurz berichten, haben wir in einer russischen Chronik ausführlichere Nachrichten, die uns zugleich die damalige Art der Kriegsführung schildern und zur Charakteristik unseres Herzoges einen interessanten Beitrag geben.

König Bela von Ungarn wetteiferte mit dem Könige von Böhmen um die Besitznahme des österreichischen Landes und rief seinen Verwandten, den König Daniel von Rußland, zu Hilfe. Während er selbst von Ungarn auf Troppau losgehend durch Mähren zog, viele Burgen zerstörte, die Dörfer verbrannte und ein großes Blutvergießen anrichtete, war Daniel mit seinem Sohne Leo zu Boleslaus nach Polen gekommen, um mit diesem vereint gleichfalls in das Troppauer Land zu dringen. Boleslaus wollte sich am Zuge nicht betheiligen und erst durch die Worte seiner Gemahlin Kinga (die hl. Kunigunde), welche als Tochter des König Bela von Ungarn die Bitte des russischen Fürsten unterstützte, ließ er sich zu der Expedition bewegen. Sie rückten also aus Crakau aus und kamen an die Oder auf Kosel zu. An der Psinna stieß zu ihnen Wladislav, der Sohn des Casimir und Enkel des Mieczyslav mit Reitern und Fußvolk. Daniel und Leo berathschlagten sich hier mit Wladislav, wohin sie zunächst ziehen sollten. Doch sagte Wladislav nicht die volle Wahrheit und gab dem Leo und dessen Truppen, die zum Kriege ausgeschickt wurden, während Daniel mit den alten Bojaren und Boleslaus zurückblieben, trügerische Führer mit. Leo merkte bald den Trug der Wegweiser und hörte nicht auf sie, sondern zog in die waldigen Berge und machte große Beute.

Inzwischen begaben sich Daniel und Boleslaus gen Troppau, wohin bereits einige Polen vorausgesendet worden waren. Sobald aber letztere an die Burg gekommen, rückte Andreas mit den Czechen aus derselben, überfiel die Ankommenden und trug den Sieg davon, in dem er einige tödtete, andere gefangen nahm.

Großer Schrecken überfiel die Polen. Als nun Daniel herbei kam, sprach er zu ihnen: Warum seid Ihr bestürzt, wisset Ihr nicht, daß Ihr auf Männer und zwar auf Krieger, nicht aber auf Weiber getroffen, und wenn auch Jemand im Kampfe erschlagen wird, wen nimmt das Wunder? Andere sterben daheim ruhmlos dahin, diese aber blieben auf dem Felde der Ehre; darum stärkt Eure Herzen und erhebet Eure Waffen als Krieger. So ermuthigte er sie und ging auf Troppau zu. Er bemerkte, daß die Bevölkerung der umliegenden Dörfer in großer Menge in die Burg lief, hatte aber keine Mannschaft dahin abzusenden und sagte zu Wladislav: gegen mich hast Du unrecht gehandelt und Dich hast Du mit ins Verderben gezogen; wäre Leo mit all meinen Leuten hier, so würden sie dem Lande durch Einnahme der Burg einen großen Schlag versetzt haben. Auf diese Weie bedauerte er, seinen Sohn und das Kriegsvolk fortgeschickt zu haben.

Doch wollte er die Burg nicht ganz aufgeben und versuchte das Häuflein Polen zu überreden, dieselbe zu stürmen. Diese aber weigerten sich dessen und blieben nur in einiger Entfernung an der Oppa stehen. Der König war niedergeschlagen, weil er nicht wußte, wo sein Sohn mit dem Kriegsvolk sei.

Johann V. von 1521 bis 1532.

Nach dem Aussterben der Herzoge von Troppau und Ratibor, fiel Ratibor an den greisen Oheim des letzten Sprößlings, den Herzog Johann von Oppeln und Oberglogau. Dieser bestätigte am 1. Februar 1522 alle Privilegien des Landes.1) Mitte September 1522 leihen ihm Nicolaus Klema von der Elgot und dessen Bruder 300 ungarische Gulden und 100 böhmische Gulden (letztre à 31 ggr. à 7 pf.) und erhielten dafür die Zinsen von 32 Gulden aus Bojanow.2)

Damals war das Einreiten oder Einlagern Sitte. Der Gläubiger hatte das Recht, wenn der Schuldner zur bestimmten Zeit nicht zahlte, mit Pferden und Leuten auf dessen Gute, oder auf dessen Kosten in einem Wirthshause so lange zu zehren, bis der Schuldner bezahlte, oder bis mehr verzehrt war, als jener schuldig war. Die Städte Kosel und Oberglogau, die für die Schuld des Herzogs Bürgen wurden, gelobten, wenn sie nach vierteljähriger Kündigung Geld und Zinsen nciht zahlten, das Einlager von zwei Personen in Troppau oder sechs Meilen weiter oder näher bei einem ehrlichen Wirthe; erfolge dann binnen vierzehn Tagen noch keine Zahlung, so können noch zwei zu den bereits vorhandenen beiden einziehen.

Valentin hatte die von Nicolaus Holy erworbenen Lehngüter Ponientschütz, Blaseswitz, Glinik, Slawikau und Brzeznitz allodialisirt, was Johann V. am 17. Januar 1524 bestätigte. Derselbe schenkte zu Oppeln am 18. Januar 1525 dem Nicolaus Holy zur Erbauung eines Hauses in Ratibor einen wüsten Platz Wystupinski und befreite ihn von realen und personalen Servituten.

Nach dem jämmerlichen Tode des jungen König Ludwig, der 1526 bei Mohacz mit dem Pferde im Sumpfe umkam, fiel Ungarn und Böhmen an dessen Schwager Kaiser Ferdinand von Oesterreich.

Da der mit Markgraf Georg von Brandenburg geschlossene Erbvertrag des Herzogs von Oppeln und Ratibor der Krone Böhmens zum Schaden und Abbruch gereichte, forderte der Kaiser unsern greisen Fürsten im August 1528 auf sein Schloß nach Prag zur Verantwortung. Bei der Verhandlung stellte sich die Unschuld des Letzteren deutlich heraus, weßhalb ihm der Kaiser die volle Macht wieder zurückstellte und gestattete, 40,000 ungarische Gulden von seinem Besitzthume zu verschreiben, wem er wolle.1)

Ferdinand I. ließ am 19. April 1529, da der Westen Europas von den Türken bedroht wurde, zu Breslau einen Fürstentag halten und das Land Schlesien zur leichteren Vertheidigung in vier Kreise oder Quartiere eintheilen. Dem oberschlesischen Kreise wurden unser Herzog und Hynek von Würbna auf Freudenthal als Kriegshauptleute vorgesetzt.2)

In demselben Jahre verlieh Herzog Johann der Stadt das Recht, aus der Mauth, die für verschiedene Kaufmannswaaren gezahlt wurde, jährlich am Feste des hl. Johannes des Täufers 30 Mark à 48 ggr. zu nehmen und dies Geld zur Besserung der Brücken und Geländer, oder falls diese in Ordnung, zur Reparatur der Stadtmauern zu verwenden, da die Stadt sonst Gefahr laufe, wegen schlechter Wege und Straßen von Fremden nicht mehr besucht zu werden.3)

Ein Jahr später gab er dem edlen ehrenfesten Hans Tschaple, da die Oder an der Wiese Brzezinka, die zu Brzezie gehört und unter dem Vorwerk Niedane liegt, einen großen Theil des Bodens weggerissen und zur See gemacht hat, die Wiese sammt See und beiden Ufern.1)

Im Jahre 1531 schenkte er der Stadt den Korytkowskischen Garten vor der Stadt, zwischen den Gärten des Reinczko und des Propstes frei von allen Zinsen.

Am 8. September 1531 gab der Herzog den beiden Fürstenthümern ein für die Ritterschaft vortheilhaftes Privilegium, welches König Ferdinand I. 1558 confirmirte. Er ertheilte nämlich dem Adel die Freiheit, alle Erzeugnisse seiner Güter ohne Einschränkung zu benutzen; auch hob er die Berufung an den Schöppenstuhl zu Magdeburg auf und verordnete, daß die Fürstenthümer, Kreise und Herrschaften nie getrennt werden sollten, daß die Huldigung nur in Opeln, Ratibor oder in den zu den Fürstenthümern gehörigen Kreisen geleistet, daß die Inwohner zu keinem Kriege über die Landesgränzen gezogen werden sollten und gab ihnen als Fahne und Kriegszeichen den goldenen Adler mit goldener Krone im blauen Felde. Die meisten Bestimmungen gingen in die spätere Landesordnung über.2)

II. Abschnitt
Die Erbfürstenthümer Ratibor und Oppeln unter Oesterreich und verschiedenen Pfandbesitzern.


Als die Linie der herzoglichen Besitzer aus dem Piastenstamme erloschen war, hatte Ratibor das Schicksal, sehr oft den Herrn zu wechseln und aus einer Hand in die andere zu gehen. Zuerst kam das Gebiet als heimgefallenes Lehn an Oesterreich, wo Ferdinand I. als König von Böhmen und Ungarn regierte. Dieser überließ es pfandweise dem

Markgraf Georg von Brandenburg.

Georg, aus der fränkischen Linie (Ansbach) der Markgrafen von Brandenburg, war 1484 geboren und anfänglich für den geistlichen Stand erzogen worden. Doch fand er selbst keine Neigung dazu, sondern vertauschte das geistliche Gewand mit Harnisch und Schwert und begab sich zum Könige Wladislav von Ungarn, der ein Bruder seiner Mutter war. Der Oheim gewann den muthigen Jünglinc lieb und vermählte ihn mit Beatrix, der reichbegüterten Tochter des Gubernator von Ungarn Johann von Hunniades, machte ihn zum Herrn des Warasdiner Comitats und übergab ihm in seinem Testamente am 13. Mai 1516 die Erziehung seines Sohnes und Thronfolgers Ludwig, der damals 10 Jahre zählte; zugleich vertraute er ihm die Staatslenkung von Ungarn und Böhmen an.

Es konnte nicht fehlen, daß der Günstling die Eifersucht vieler Großen erregte.

Um Feindseligkeiten zu entgehen und weil er wegen der Erbverbrüderung mit den Herzogen von Ratibor und Oppeln auf den Tod des letzteren wartend seinem zukünftigen Besitze nahe sein wollte, verkaufte Georg seine Besitzungen in Ungarn und kaufte mit Genehmigung des König Ludwig Olmütz den 6. April 15231) von den Herren von Schellenberg das Fürstenthum Jägerndorf für 58,900 ungarische Gulden. Der Markgraf wohnte 1526 dem in Leobschütz gehaltenen Fürstentage bei, nahm Beuthen und Oderberg vom Herzog Johann von Oppeln in Pfandbesitz2) und gab am 26. August 1528 die Bergordnung für die Herrschaft Beuthen.

Der Erbvertrag mit den oberschlesischen Herzogen war ungiltig, da er ohne Einwilligung der Stände geschlossen und das Gebiet nach einem Privilegium des König Wladislav unveräußerlich war. Auch Ludwig hatte 1522 den Ständen das Versprechen erneut, die heimfallenden Lehne in Schlesien mit der Krone zu vereinigen und namentlich von den Ländern des Herzog Johann von Oppeln bei dessen Absetrben nichts zu veräußern.3)

Die böhmischen Stände, immer bedacht, Verträge zu hindern, durch welche fremde Fürstenhäuser in schlesischen Besitzungen Fuß fassen und selbe vielleicht von der Krone Böhmens abreißen möchten, widersetzten sich auch den Ansprüchen des Markgrafen Georg. Damit letzterer in Oppeln nicht Umtriebe veranlasse, erwirkte Ferdinand die Entfernung verdächtiger Personen und besetzte Stadt und Schloß mit 1000 Fußknechten unter dem getreuen Achaz von Haunold. Der Bischof von Breslau sollte bald nach dem Tode Johann's nach Oppeln gehen und die Untergebenen an ihre Pflicht mahnen. Da Georg auf die Fürstenthümer Oppeln und ratibor eine Forderung von 183,333 ungarische Gulden und 30 Kreuzer hatte (was 9166½ Dukaten jährliche Interessen ausmachte), so kam in Prag am 17. Juni 1531 ein Vertrag zu Stande, daß Ferdinand beide ehemaligen Herzogthümer nach dem Tode Johanns noch ein Jahr lang inne haben, dann aber Markgraf Georg dieselben als Pfand für die darauf haftende Schuld bis zur Einlösung besitzen solle.

In Folge dessen erschien der Bischof mit Bevollmächtigten in den Herrzogthümern, um schon jetzt die Huldigung der Stände für den Kaiser zu empfangen. Die Fässer und Truhen, in welchen der Schatz lag, sollten versiegelt werdeb, da Ferdinand das Geld zur Ablösung der Fürstenthümer verwenden wollte.1)

Georg nahm Dienstag in der Osterwoche (2.April) 1532 die Fürstenthümer in Besitz.2) Landeshauptmann der Fürstenthümer Jägerndorf, Ratibor und Oppeln wurde Johann von Posadowski, Kanzler aber Hans von Haugwitz.

Bei Uebernahme der Stadt und Herrschaft Ratibor am 21. October 1532 wurde auf dem Rathhause vor den Gesandten des Markgrafen, vor dem Bürgermeister, den Rathmannen und der versammelten Gemeinde ein Grundbuch aufgenommen, in welchem die Hausbesitzer ihre Geschosse angaben. In diesem Urbar sind die Zahl der Biergebräue und die Abgaben eines jeden Hauses der Reihe nach sammt dem Namen und Stande der einzelnen Besitzer aufgenommen, aber leider die Straßen nicht bezeichnet und nach damaliger Sitte meist nur die Vornamen der Hausbesitzer angegeben. Doch ist die Wichtigkeit dieses Grundbuches schon früher erkannt worden. Der Magistrat ließ sich 1755 von dem im Breslauer Kammer-Archive aufbewahrten Originale eine vidimirte Abschrift geben, die sich gegenwärtig noch im Stadtarchive befindet. Ein Auszug dieses Grundbuches, den wir aus dem Originale selbst geschöpft, wird dem Leser gewiß willkommen sein.

Die Stadt hatte damals 229 besetzte bürgerliche Häuser, der Adel 12, die Geistlichkeit (mit Ausschluß der Klöster) 10 Häuser; 37 Wohnungen standen wüst und leer. Die Edelleute waren:

Johann Charwat von Wiecze, Nicolaus Holy von Ponientschütz, Nicolaus Schilhan von Otmuth, Johann Czeplan, Johann von Peterwitz, Frau Anna Wiskota von Wodnik, Nicolaus Wraninski, Michael Zernicki, Nicolaus Klema Koczur von Elgot Landrichter1), Hans Kotzauer (Koczur Pächter von Studzienna), Burian Scheliha von Rzuchow, Georg Stosch Schloßhauptmann.

Geistliche Häuser waren: das des Pfarrers zu Slawikau, Nicolaus Remcki, der Domherren Martin Preuß, Albrecht Bogusch, Georg Sischka, des Propstes, des Dechants, des Prediger Johannes, des Gregor, des Abt Nicolaus von Rauden, und noch eines Geistlichen, der neben Wraninski wohnte.

Krämer werden 11 genannt, nämlich: Peter Hannel, Niclas Goloasch, Niclas Arzyschka, Benesch Gardawski, Georg Tuchmacher, Wittwe Andrissin, Nicolaus Putter, Hans Klainpauer, Kalus, Stadtmüller, Gregor Meyer.

Von den Handwerkern sind am stärksten vertreten: die Fleischer, Leinweber, Bäcker, Schneider, Schuster, Kürschner und Tuchmacher; Schlosser, Büttner, Schmiede, Rademacher, Färber und Zimmerleute gab es mehre; verienzelt stehen: ein Kannengießer, Sattler, Schroter, Pflugmacher, Tuchscherer, Kupferschmied, Tischler, Barbier, Goldschmidt, Büchsenmacher, Armbrustmacher.

Die Hauszinsen betrugen in Summa nur 196 Gulden, weil viele Wüstungen und der Adel wie der Clerus frei waren. Hätte das geschoß mehr als 200 mark betragen, so hätte die Stadt gemäß des von Herzog Valentin ertheilten Privilegiums sich den Ueberschuss behalten und zu eigenem Nutzen verwenden können; doch mußten sich der Markgraf und seine späteren Nachfolger mit dem begnügen, was eben einkam.

An Ehrungen gab die Stadt aufs Schloß:

  1. zu Weihnachten 4 gemästete Schweine und 4 Faß Bier, wofür den Knechten je 1 Groschen und der Stadt 1 Reh gegeben ward,
  2. zu Ostern 8 Seiten Fleisch und 4 Faß Bier, wofür sich das Schloß wieder mit je 1 Groschen und 1 Reh erkenntlich erwies.

Die Mauth der Stadt betrug damals 325 Mark im Durchschnitt und wurde auf das Schloß abgeführt. Da das Verzeichnis von 1532 sich auf eine noch ältere Mauthtabelle stützt, so soll dieselbe hier mitgetheilt werden.

Man zahlte von einem Fuder Wein 12 gr., von einem Dreiling 8 gr., von 6 Eimern 3 gr., von 2 Eimern 10 Heller, von 1 Kufe Bier 2 gr., von 1 Faß Bier oder Meth 1 gr.

Von einem verbundenen Wagen mit Blei, Eisen, Sensen, Sicheln, Hopfen, Wolle, Häute, Inselt, Seife, oder Wachs pro Roß 1 gr. (das Spitzroß bei 5 oder 7 Pferden ist frei). Von einem Faß Fische und einer Tonne Heringe je 1 gr., von einem Wagen, der Getreide zu Markte führt, 1 gr. Die Bürger geben keine Mauth, wer aber Honig ausführt, gibt die halbe Mauth; nur Fremde geben bei Kauf eines Pferdes 1 gr. Wer Getreide aus der Stadt führt, zahlt pro Pferd 1 gr. Wer ein Schwein in die Stadt bringt, zahlt 4 Heller, aus der Stadt heraus 3 Heller und ½ Heller Brückengeld; für 1 Schaf werden 2 Heller entrichtet, wovon die Stadt ½ Heller Brückengeld behält. Für einen Wagen welsche Nüsse 12gr., Kupfer oder Salz 2 gr., Fische, Obst, Schindeln, Bretter, Töpfe 1 gr. —

Vom Weinschank erhält

  1. die Stadt pro Dreiling 36 gr., pro Eimer 2 gr., bringt des jahres 14 Gulden.
  2. die Herrschaft pro Dreiling 50 Quart Wein, pro Eimer 3 Quart; bringt des Jahres ungefähr 8 Eimer ein. Mithin wurden im Durchschnitt 250 Eimer ausgeschenkt.

Bei Verkauf von Meth gab man pro Achtel 6 Heller aufs Rathhaus, was jährlich circa 2 Mark eintrug. Es wurden also 192 Achtel ausgeschenkt.

Von jedem Gebräu Bier wurden 4 gr. aufs Rathhaus gegeben, was des Jahres 48 Mark ausmachte. Es wurden demnach 576 Gebräue ausgetrunken.

Der Zins von den (10) Brodbänken à 12 gr. gehört der Stadt, die jährlich 3 Gulden 12 gr. bezieht; auf das Schloß geben die Bäcker nur 2 Weihnachtsstriezel.

Die Fleischbänke zinsen der Geistlichkeit und der Stadt, letztere hat davon jährlich 5 Gulden Einnahme. Die Fleischer schlachten bei Hofe, sobald es ihnen befohlen wird. Diejenigen, welche Fleisch auf dem Freimarkt in die Stadt führen, geben jeder 2 Stein Inselt auf das Schloß, was jährlich 18 Stein beträgt.

Die Schuhbänke zinsen nur dem Scholasticus 10 Gulden.

Badstuben, in welchen nicht blos gebadet, sondern auch rasirt und zur Ader gelassen wurde, gibt es zwei, die eine zinst der Pfarrkirche 4 Mark, die andre vor dem Oderthor ebensoviel den Dominikanermönchen.

Das Standgeld im Jahrmarkt: Die Krämer geben jährlich der Stadt 12 Gulden. Die Gewandschneider (Tuchkaufleute) zahlen aufs Schloß pro Tuch 6 Heller, was jährlich 2 Gulden bringt. Jeder der beiden in der Stadt angesessenen 2 Gewandschneider zahlt 1 Mark. Vom Jahrmarkt nimmt nach alter Gewohnheit der Hauptmann aufs Schloß, was er an hölzernem Gefäß (Schüsseln, Mulden, Schaufeln, Tröge, Löffel, Siebe, Körbe, Radwern) und Wagenschmiere braucht.

Die Sälzer geben jährlich aufs Rathhaus 13 Gulden.

Das Schroterlohn bringt der Stadt 16 Mark.

Die Wage hält ein Tuchscherer und gibt der Stadt jährlich 4 Gulden.

Das Brückengeld trägt jährlich 22 mark ein und das Korn, welches die Bauern zum Brückenbau zinsen, bringt 13 Mark.

Fremde Fleischer, die am Sonnabende zum freimarkt kommen, bezahlen pro Rind oder Schwein 1 gr., pro Hammel oder Kalb 6 Heller; die Einheimischen geben halb so viel, bringt der Stadt circa 15 Mark.

Von Hockin- und Wachtgeld hat die Stadt 14 Mark, nämlich von Hockin 4¼ und für Wachtgeld 9¾ Mark.

Jeder, der Branntwein brennt, gibt pro Topf 1 Gulden aufs Rathhaus, was des Jahres 9 bis 10 Gulden bringt. Die Consumtion an Schnaps war also damals noch gering.

Die Tuchmacher zinsen von ihren Rahmen der Stadt 40 gr.

An trockenen Geldzinsen:

Die Stadt hat

1von dem Dorfe Brzezie11 Gulden.
2von den Nonnen zum hl. Geist5 Mark.
3von Altendorf8 Mark 34 gr.
4von Wiesen und Gärten15 — 33 —
5vor dem Oderthor17 — 8 —
6das Schloß zahlt aus der
Mauth auf Besserung der Wege und Brücken
30 —   —

Von Einschreibung des Bürgerrechts ist der jährliche Ertrag ungefähr 1 Mark.

Die Bürger schenken jährlich ein- oder zweimal zum Besten der Stadt 1 oder 2 Dreiling Wein, welches an Gewinn trägt circa 13 Mark.

Die Stadt hat 4 Teiche,

in den1.setzt man60 Schock
"  "2."    "50 —
"  "3."    "40 —

Der vierte liegt wüst.

Bei der Stadt sind 3 Mühlen.

Die erste unter dem Schlosse hat 2 Räder und eine Walkmühle, der Müller hat daran den dritten Theil erblich, gibt dem Fürsten 2 Theile Malz, Waizen, Korn, mästet von Michaeli bis Fastnacht 10 Schweine, gibt zu Neujahr 4 Kapaunen, wofür der Knecht 1 gr. Trinkgeld erhält.

Es ist auch bei dieser Mühle eine Brettmühle, und schneidet der Müller die zum Schloßbedarf erforderlichen Bretter.

Es ist ferner bei dieser Mühle von Alters her eine Lohmühle, welche der Müller zu seinem Nutzen hält.

Die zweite Mühle in der Stadt hat 5 Räder; 4 Räder sind zum gewöhnlichen Gebrauche und das fünfte geht nur, wenn großes Wasser ist und die übrigen Räder stehen müssen. Der Müller hat (wie der erste) nur den dritten Theil und mästet wie der vorige.

Die dritte Mühle ist auf der Psinna.

Von dem Steinbruch im Kreise Rybnik gehört die Hälfte nach Ratibor, ¼ nach Rybnik und ¼ nach Loslau. Für jeden der 15 Mühlsteine gibt man 18 gr., außerdem 2 gr. Ladegeld; die zur Mühle nicht nothwendigen werden pro Stück für 60 gr. verkauft; und da etwa 8 Stück abgesetzt werden, erträgt dies 13 rtlr. 12 gr.

Die mißlichen Verhältnisse mit dem Könige bewogen Georg, die letzten Jahre seines Lebens nicht in Schlesien, sondern zu Ansbach in Franken zuzubringen; dort starb er 1543. Er war dreimal vermählt. Seine letzte Gattin, Prinzessin Emilie von Sachsen, hatte ihm einen Sohn

Georg Friedrich

geboren, der bei dem Tode des Vaters erst 5 Jahr zählte. Vormund über diesen Prinzen und Verwalter des Gebietes ward dessen Vetter Markgraf Albrecht von Ansbach.

Am 13. Mai 1546 brannte fast ganz Ratibor ab. Nur die nach Altendorf führende Straße blieb zum Theil verschont, die zur Burg führende, die Webergasse und die hinter der Pfarrkirche blieben ganz unversehrt. — Ferdinand errichtete 1548 das Oberappellationsgericht zu Prag und verbot, sich in Rechtsstreitigkeiten nach Magdeburg zu wenden.

Der Vormund unseres Pfandbesitzers zog als eifriger Lutheraner gegen die Anhänger des Kaisers, verwüstete die Besitzungen der geistlichen Fürsten und weigerte sich auch später, dem Passauer Vertrage beizutreten. Er verfiel deßhalb in die Reichsacht und Ferdinand zog die Fürstenthümer Jägerndorf, Ratibor und Oppeln wieder an sich. Der edle Fürst aber wollte nicht, daß George Friedrich die Schuld des Vormundes büße und gab ihm Jägerndorf nach Jahresfrist zurück; für Ratibor und Oppeln wurde er mit Sagan, Sorau und Friedland entschädigt.

Am 27. Juli 1551 bestätigte George Friedrich zu Oppeln, daß Johann Zwierzyna dem Zacharias Larisch von Elgot Lanietz für 1200 Goldgulden à 48 gr. verkauft habe.1)

Mitte November 1551 wird Hans Rosadomski von Rosadom als Landeshauptmann genannt.

Königin Isabella von Ungarn von 1551 bis 1557.

Ferdinand I., dessen Gattin Anna eine Schwester König Ludwigs war, hatte nach dessen kinderlosem Abgange seine Rechte auf Ungarn gegen Fürst Johann Zapolya von Siebenbürgen geltend gemacht. Dieser 1528 geschlagen, rief die Türken zu Hilfe, welche 1529 Wien belagerten. Solimann II. setzte Zapolya als Gegenkönig von Ungarn ein. Indeß schloß letzterer mit Ferdinand endlich Frieden und entsagte im Namen seiner Nachkommen dem Throne der Magyaren. Er starb am 21. Juli 1540 und hinterließ die Wittwe Isabella, Tochter König Sigismund I. von Polen, mit der er sich 1538 vermählt und die ihm einen Prinzen Johann Sigismund geboren hatte.

Die Wittwe überließ am 27. Juni 1551 Siebenbürgen an Ferdinand gegen die Fürstenthümer Oppeln, Ratibor und Münsterberg und nahm letztere in Pfandbesitz. Am 13. December 1551 erneuerte sie Albert von Hornsberg auf Schellendorf und Johann Grodiczki Puklar von Flosth als Hauptleute und gibt ihnen die Vollmacht zur Uebernahme der Fürstenthümer. Sie selbst nennt sich nur Vormünderin, ihren Sohn aber wahren und legitimen Herzog.1) Auch in einer von Böhme II. 70 mitgetheilten Bestätigung nennt Isabella ihren Sohn Johann Sigismund Herzog von Oppeln und Ratibor.

Die Uebernahme fand am 13. Januar 1552 statt. der Kaiser hatte zu Wien am 14. December 1551 den Melchior von Hoberk und Gutmansdorf, Hans von Schlieben, Friedrich von Redern auf Rupperdorf und Fabian Khindler Dr. der Rechte, als seinen verordneten Commissarien die Instruktion zur Einantwortung ertheilt.

Caspar Wiskota hatte inzwischen sein Haus nebst Brauerei auf dem Neumarkte an Zebedäus Boboloski um 300 Goldgulden überlassen. Dieser verkaufte es am 20. April 1552 an Wenzel Charwat für 377½ Goldgulden.

Nachdem Isabella Siebenbürgen verlassen, hielt sie sich einige Zeit in Kaschau, der Hauptstadt Ober-Ungarns auf, dann ging sie nach Polen und kam von da in die ihr durch Vergleich zugewiesenen Fürstenthümer. Die Ratiborer Stände huldigten erst 1553 der neuen Fürstin.2) Statthalter der Fürstenthümer war Wenzel Nawoy von Dulin und auf Sternalitz.

Doch fanden die baufälligen Schlösser ihren Beifall nicht, und da ihr auch die Einkünfte des Landes zu gering waren, kehrte sie wieder nach Polen an den Hof ihres Bruders zurück, wo sie neue Verbindungen mit Siebenbürgen anknüpfte.1)

Die Kaiser Ferdinand I., Maximilian und Rudolph.

Nach dem Abzuge der Isabella kamen die Fürstenthümer wieder in österreichische Hände und wurden durch Landeshauptleute regiert. Ihr Amt war, die Käufe in Gegenwart des Kanzlers und dreier Ritter zu verschrieben, Beschwerden anzuhören und zur Gerechtigkeit zu verhelfen, die Landtage den Ständen auszuschreiben, auf dem Landrechte zu präsidieren und die Beisitzer mit Nahrung zu versehen, wie auch auf die Hospitalgüter zu achten. Ueber Holz, Fischereien und Teiche wurde ein königlicher Regent gesetzt, welcher auf dem Schlosse zu Oppeln wohnte.

Ferdinand, der durch die Abdankung seines Bruders Carl V. gegen das Ende seines Lebens noch Kaiser geworden, schickte den Bischof Balthasar von Breslau, den Herzog Wenzel von Teschen, die Ritter Johann von Wrbna und Freudenthal und Johann von Oppersdorf nach Oppeln, um die Unterthanen den Eid der Treue schwören zu lassen. Die Stände erklärten unter allgemeiner Zustimmung den Oppersdorf für würdig, die Landeshauptmannschaft der Fürstenthümer Oppeln und Ratibor zu übernehmen.

Johann von Opperdorf, ein Sohn Friedrichs von Oppersdorf, lebte 9 Jahre an dem Hofe des Oberlandeshauptmann Herzog Carl von Münsterberg und Oels zuerst als Page, dann als Mundschenk, nahm Reisen nach dem Süden, leistete Kriegsdienste gegen Frankreich, kehrte dann in sein vaterland zurück, nahm Dienste bei dem Herzoge Friedrich II. von Liegnitz und vermählte sich 1554 in Breslau mit Christine, Tochter des Otto von Zedlitz,2) nach deren Tode aber mit Margareth von Lobkowitz. Wegen seiner Tapferkeit im Türkenkriege wurde er mit seinen Brüdern Georg und Wilhelm in den Freiherrenstand erhoben und mit den in Böhmen gelegenen Gütern Aich und Friedstein beschenkt. Später kam er in den Pfandbesitz von Oberglogau.1)

Ferdinand, der zu Prag am 1. Februar 1558 die Privilegien der Stadt Ratibor bestätigte, nahm im Finanzfache bedeutende Veränderungen vor.

Die landesherrlichen Einkünfte, die nicht von der Verwilligung der Stände abhingen, waren bisher von Einem Beamten verwaltet worden. Da sich aber die Einkünfte durch Einführung der Steuern und allerlei Abgaben mehrten, bestellte er am 21. November 1558 für Ober- und Niederschlesien ein förmliches Collegium, welches die Kammer hieß und wies ihr auf der Burg zu Breslau den Sitz an. Unter ihrer Verwaltung standen die Landeshauptmannschaften der Erbfürstenthümer, die Domainen, Regalien und die übrigen von den Ständen unabhängigen Einkünfte. Von dieser neucreirten Behörde, von der wir öfters sprechen werden, die 1 Kammerpräsidenten, 4 Kammerräthe, 1 Fiscal für Lehnssachen, außerdem 2 Secretaire, 1 Rentmeister, mehre Einnehmer und Canzlicten hatte, ist genau zu unterscheiden das ältere Oberamt, oder die Landeshauptmannschaft, welche in ihrem Verwaltungsbereiche die Landespolizei-, Kämmerei, Militair- und Steuersachen hatte. Der landeshauptmann von Schlesien führte auf den Fürstentagen den Vorsitz, sorgte für die innere Ruhe und Landesvertheidigung und war Mittelsperson zwischen dem Könige und den Ständen.

Kaiser Ferdinand, der trotz der mancherlei Unruhen, mit denen er zu kämpfen hatte, für unsere Gegend ziemlich viel gethan wirkte zunächst wohlthätig durch die Robotordnung, die er am 4. Januar 1559 durch den Landeshauptmann der beiden Fürstenthümer publiciren ließ.

Nach derselben hatten

  1. die Bauern pro Hufe jährlich ein Stück Acker von 2 Scheffeln Aussaat zu beackern, die Ernte zu besorgen und in die Scheuern zu bringen, 1 Tag Dünger zu fahren, 1 Tag Gras zu hauen und einzuführen, 1 Tag Zäune zu flechten, 1 Fuhre 2 Meilen zu thun, 4 Fuder Holz und 3 Fuder Material bei etwaigen Bauten zu führen.

    Die Bäuerinnen pro Hufe 2 Tage in Flachs, Hanf oder Gärten zu arbeiten, die Schafwäsche und Schur bei freiem Essen und Trinken zu besorgen. Für das Gespinnst erhielten sie pro Stück 2 Groschen und 1 Brod.

  2. die Gärtner und Häusler hatten für Essen und Trinken die Zäune anzufertigen und auszubessern.

    Die Unterthanen hatten die Teiche mit Fischsamen zu bestellen, die Fische in die Behälter zu schaffen und erhielten dabei täglich 1 Gericht Fische. Auch hatten sie die Wache zu halten und bei den jagden zu treiben.1)

Für die Stadt selbst wirkte Ferdinand I. dadurch, daß er 1558 die Privilegien der Böttcher, 1559 die der Tuchmacher und 1560 die der Schneider, wie auch der Rechskramer bestätigte. Die Ordnung der Kramerzunft lautet im Auszuge also:

Ausländische Kramer, die das Kramrecht nicht haben, dürfen außer den 3 Jahrmärkten Marcelli, Frohnleichnam und Martini weder Gewürz noch sonst etwas verkaufen; nur während des marktes steht es männiglich frei, feil zu haben, jedoch unter folgenden Bedingungen: Seide, dünnes englisches oder rheinisches Tuch, englische Leinwand dürfen nur in ganzen Stücken verkauft und nicht ellenweise ausgeschnitten werden, aber Frischtuch, Haras und Engelisch gewand können die Tuchschneider (vereinzelt) schneiden. Mandeln, Reis und Feigen dürfen nicht unter einem Pfunde, Seife nicht unter ½ Pfunde verkauft werden; Parchent nur in ganzen Stücken, Gold und Silberdraht in 25 Spillen à 200 Ellen; Beutel, Handschuhe, Hüte Gold- und Silberfelle nur in Duzenden, sämische Felle in halben Duzenden; Borden und Gürtel dürfen nur Selbstverfertiger und Kramer feil haben, Wachs und Baumwolle sollen nicht unter ¼ Centner verkauft werden, den Bürgern aber ist ¼ Stein gestattet. Baumöl, gebleichtes oder gefärbtes Garn dürfen Fremde unter 1 Pfund nicht absetzen, Lorbeeren nicht unter ½ Pfund, Seife nicht in Tafeln oder Stücken, sondern in ¼ Stein. Die Stadtkramer sollen Acht haben, ob die Fremden sich falschen Gewichtes bedienen.

Kramer sollen Pfeffer, Safran, Nelken und anderes Gewürz nicht fälschen und Safran nicht anfeuchten. Der Fälscher soll zu Haut und Haar gerichtet, recht- und ehrlos werden, die Waare aber verbrannt werden. Landsafran soll unter Strafe mit andren Safran nicht gemischt werden.

Das Kramergewicht soll dem Silbergewicht gleich sein.

Wer einen Kram kauft, muß in die Innung treten und bei Begräbnissen erscheinen unter Strafe von 1 Pfund Wachs wenn Erwachsene, ½ Pfund wenn Kinder oder Dienstboten aus der Innung bestattet werden. Im Kramladen dürfen keine Oefen stehen. Wer, statt die Versammlungen zu besuchen, zu Hause bleibt und verkauft, zahlt ½ Groschen Strafe.1)

In Bezug auf eine Beschwerde der Müller in Ratibor, die auch vom malz den 3. Theil haben wollten, erklärte Ferdinand I. zu Prag am 19. December 1558, daß ihnen nach Landesgebrauch nur der 3. Theil vom Getreide zukomme.2)

Hinko Petrowitz Charwat verkaufte sein Haus sammt Brauerei dem Wenzel von Reisewitz, was der Landeshauptmann Johann von Opperdorf am 10. November 1559 bestätigte.

Ein andere wichtige Einrichtung war die Landesordnung, welche die Prälaten, Herren und Ritter der Erbfürstenthümer Oppeln, Ratibor und Oberglogau im Beisein des Landeshauptmann Johann von Oppersdorf bei dem Landtage zu Oppeln Michaelis 1561 verfaßten und dem Kaiser zusendeten, damit er sie als oberster Herzog bestätigte. Aus dem Herrenstande war zugegen Wenzel Sedlnicki von Choltiz auf Pschow; aus dem Prälatenstande: Dechant Martin von Oppeln, Canonicus Johann von Przyschowitz und Joachim Schwinka; vom Adel: Georg Zyrowski von Zirow auf Kotulin Hauptmann des Strehlitzer Kreises und oberster Landesrichter, Nicolaus Lessota von Steblow auf Blazeowitz Kanzler, Wenzel Nawoy von Dollna auf Dziewkowitz, Hans Zyrowski von Zyrowa auf Szeppanowitz, Wenzel Wraminski von Wranin auf Lubowitz, Hans Kokors von Kokorski auf Kamien (Stein), Wenzel Zybulka von Litoltowitz auf Schönwald, sämmtlich Landschöppen im Landrecht.

Von den 54 Artikeln ist hervorzuheben:

Oppeln und Ratibor sollen nicht getrennt werden, sondern unzertheilt in ihren alten Verfassungen und Freiheiten als Glieder der Krone Böhmens beisammenbleiben. Die Huldigung ist dem neuen Könige nur auf dem Schlosse zu Breslau, Oppeln oder Ratibor zu leisten. Niemand ist verpflichtet, bei einem Kriege über die Gränze zu ziehen, außer bei öffentlicher Landesgefahr. Die Fahne, auf welcher der goldne Adler mit goldner Krone im blauen Felde, können sie als Feldzeichen weiter gebrauchen. Der Landeshauptmann hat bei Einführung in sein Amt einen Eid zu leisten, daß er die Landesbewohner bei ihren Rechten und Freiheiten erhalten will. Beschwerden sind schriftlich anzubringen, worauf der Hauptmann dieselben dem Beklagten zusenden, ihn citiren, hören und die Parteien möglichst vergleichen soll. Findet keine Vergleichung statt, so sind die Parteien an das Landrecht zu verweisen. Auch der Kanzler hat einen Amtseid zu leisten und kommt ihm von Kauf- und Erbgütern 1 pro Cent von Leibgedingen ½ pro Cent zu. — Testamente sollen von 6 Zeugen unterschrieben und besiegelt werden.

Das oberste Landrecht ist jährlich zweimal zu halten, nämlich zu Oppeln Montag nach dem 1. Fastensonntage und zu Ratibor Montag nach Bartholomäi. In dem Landrechte sollen 18 Personen sitzen 1. der Landeshauptmann, 2. der Landrichter, 3. der Kanzler, 4. fünfzehn Schöffen. Der Landeshauptmann soll während des Landrechts dem Landrichter und Kanzler und deren Gefolge (à 4 Personen) und sämmtliche Landschöffen nebst Gefolge (à 3 Personen) mit SPeis und Trank und deren Rosse mit Futter versehen. Der Landrichter, der gleichfalls einen Amtseid schwört, erhält aus dem Oppelner Amte 100 rheinische Gulden (à 30 gr. schl.) als Gehalt.

Die Sachen sind der Reihe nach, wie sie im Tagfahrtregister eingetragen sind, zu verhandeln. Man soll ohne Waffe erscheinen, sich des Gezänkes und Schreiens enthalten. Kein Prozeß darf sich Jahrelang hinausziehen, vielmehr muß jede Streitsache, wenn sie das erste und zweite Mal nicht erledigt worden, bei der dritten Rechtssitzung abgemacht werden. Alle Schriftstücke sind zuvor ins Böhmische zu übersetzen und hat Jeder in dieser Sprache sein Recht vorzulegen.

Bei Grenzberichtigungen sollen die Parteien mit ihren Zeugen auf den streitigen Punkten erscheinen, um dort den Eid zu leisten. Es wird ausdrücklich hervorgehoben, daß es bereits alte Gewohnheit sei, den Eid auf den Rainen vorzunehmen und zwar mit Modification, je nach den drei Civilständen, Adel, Bürger und Bauern.

Die Ritter nämlich leisten denselben stehend, unbewaffnet, entblößten Hauptes, mit aufgehobenen Fingern, die Bürger knieend, unbewaffnet, baarhaupt, mit aufgehobenen Fingern, die Bauern sollen sich bis aufs Hemd entkleiden, in ein Grab, das eine Elle tief ist, niederknien, auf dem Haupte ein Stück Rasen haben und ohne Messer oder sonstige Waffe bei sich zu tragen, schwören

Auch wurde der Grundsaz geltend gemacht: Wenn ein Bauer seinem Herrn nicht gefällt und dieser ihn unter sich nicht leiden will, sei jener verpflichtet, sein Besitzthum zu verkaufen; säumt er damit, so darf der Herr es abschätzen lassen und nach der Taxe behalten!

Die Schulzen, Freikretschmer und Müller haben 10 pro Cent Auf- und Abzugsgeld zu entrichten. Herren, Prälaten und Ritter sind frei von Zoll und Mauth, mögen sie etwas zu Markte führen oder zu ihrem eigenen Bedarfe kaufen. Diese Landesordnung wurde vom kaiser am 29. September 1562 zu Prag bestätigt.1)

Das also war das dürftige Gesetzbuch, nach welchem unsre Fürstenthümer gerichtet wurden. Johann Friedrich Keffenbrink klagt schon: es sei diese Landesordnung oft so dunkel, daß bei Entscheidungen von Rechtsstreitigkeiten eher ein Gesetzgeber als ein Richter nothwendig. Das betrifft besonders den 16. Artikel über die Anfälle der Kinder.2) Es ist begreiflich, daß die Landesordnung mit der Zeit viele Zusätze erhielt, für die man die Bestätigung des Landesherrn nachsuchte.

Hans von Oppersdorf gab im 67. Lebensjahre seine schwierige Stellung als Landeshauptmann auf, um im Privatleben Ruhe zu genießen. Er starb erst 1584 kinderlos. Sein Nachfolger im Amte Hans Bernard von Maltzan auf Wartenberg und Penzlin war ihm bereits am 7. Mai 1569 im Tode vorangegangen.3)

Kaiser Ferdinand verlieh am 14. April 1564 der Stadt Ratibor das Recht, auf ewige Zeiten an dem Odermühlgraben eine Wasserhebekunst zu halten, um sich dadurch das nöthige Wasser zu verschaffen.1)

Es war dies die letzte Vergünstigung des Erbherrn, der bald darauf nämlich am 25. Juli zu Wien starb.

Kaiser Maximilian II. von 1564 bis 1576.

Maximilian, der Sohn Ferdinand I., war schon bei Lebzeiten seines Vaters zum Könige von Böhmen und Ungarn gekrönt worden und hatte am 6. December 1563 in Breslau die Huldigung der Stände empfangen.

Von der Herrschaft Ratibor waren bereits einzelne Theile in den Pfandbesitz mehrer adelichen Familien gekommen. Diese Zersplitterung hatte nicht blos den Nachtheil, daß die Nachbarn dem Walde Schaden zufügten, sondern die Stadt verlor auch manche Freiheiten, weil städtische Nahrungszweige auf dem Lande betrieben wurden. Diese waren bisher ein ausschließliches Recht der Bürger, deren Wohlstand sie begründeten und beförderten. Jetzt lag für Ratibor die Gefahr nahe, aus einer ansehnlichen Ortschaft zu einer Ackerstadt herabzusinken. Die Bürger beschlossen daher, den ganzen Pfandschilling in ihre Hand zu nehmen, bezahlten am 12. Mai 1565 noch eine höhere Summe als die Vorbesitzer und erhielten die Herrschaft auf 24 Jahre in Pfandbesitz. Die Absicht war gut, aber der Ausgang sehr traurig, wie wir später an betreffender Stelle (im 4. Abschnitte) sehen werden.

Auf dem zu Oppeln am 12 März 1567 gehaltenen Landrechte wurde beschlossen: zeugen sind 2 Wochen vor Beginn des Landrechts zu vernehmen; wer in den Adelstand erhoben wird, soll sich bei dem Landtage melden und den Ritterstand bitten, in dessen Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Für das Eintragen in die Landbücher hat ein solcher nach geleistetem Eide 5 Mark dem Landrichter zu erlegen.

Wie anderwärts, so zogen damals auch in Oberschlesien Krämer umher, welche sich Schotten nannten, gefärbtes Glas für Edelsteine, vergoldetes Kupfer als echtes Gold verkauften. Es wurde ihnen 1572 vom landtage das herumziehen untersagt und nur das Auslegen auf den Wochen- und Jahrmärkten gestattet.

Zu Anfang des Jahres 1574 baten die Tuchmacher um Erbauung eines neuen Farbehauses, indem sie das alte verkaufen wollten. Sie ahnten nicht, daß sie ohnedies ein neues sich hätten erbauen müssen.

War Ratibor schon durch Uebernahme des Pfandbesitzes in mißliche Verhältnisse gekommen, so steigert sich ihre Noth durch eine furchtbare Feuersbrunst, welche die ganze Stadt in Asche legte.

Am Tage des hl. Georg 1574 nämlich kam ein nach Troppau zu den Studien reisender Jüngling, Sigismund Zebrowski von Zebrow bei Sandomir, in ein Wirthshaus auf dem Ringe, brachte eine mit Papier geladene Büchse mit und fragte den Hausknecht, ob er selbe wol losschießen dürfe. Dieser ertheilt die Bewilligung. Man geht in den engen Hof, in welchem Stroh und Heu von den benachbarten Ställen zerstreut umherlag. Während ein Schmiedeknecht das Gewehr hält, holt der Student aus der Küche eine glühende Kohle und legt sie auf die Zündpfanne. Die Büchse entladet sich und die Kohle oder das entzündete papier wird in das Stroh und Heu geschleudert, das zu brennen anfing. Sobald der Pole das Unglück wahrnahm, machte er sich aus dem Staube. Als er zum Stadtthore (in der Nähe des heutigen Appellgerichts) kam, stürmte man eben mit der Feuerglocke. Doch gelang es ihm, nach Troppau zu enzweichen, auch der Schmiedeknecht hatte die Flucht ergriffen.

Der Wind war heftig und das Feuer, das am späten Abende bei Valentin Rawa und Caspar Sattler ausbrach, griff mit solcher Stärke um sich, daß das Rathhaus, die sieben Kirchen, die drei Klöster, das Hospital ad s. Nicolaum, die Stadtmühle, die Wasserkunst und 2 hölzerne basteien in weniger als 2 Stunden verbrannten.

Neun Personen kamen dabei um ihr Leben, denn es brannte nicht blos über der Erde, sondern auch in den Gewölben und Kellern. Im Grunde der papiermühle fand das Element erst seine Gränze. Das Schloß, das an zwanzig Mal zu brennen anfing, wurde erhalten. Außerdem blieben nur 4 kleine Häuser hinter der Collegiatkirche und 2 Malzhäuser verschont.

Mit großer Mühe wurden die Kleinodien und Dokumente der Pfarr- und Klosterkirchen gerettet. Aber auf dem Rathhause ging das Meiste in Feuer auf. Was man sonst aus der Stadt rettete, wurde leider von bösen Buben aus den Händen gerissen und gestohlen. Von allen Glocken blieb nur eine erhaltbar, von der Collegiatkirche stürzte ein Thurm, der mitten auseinander riß, ein, der andre blieb (noch 2 Jahrhunderte) stehen. v. T., der eingesperrt war, weil er an der schlechten Bewirthschaftung der Herrschaft Ratibor die Hauptschuld tragen sollte, wollte bei dem Brande aus dem Gefängnisse nicht fliehen, und mußte vom Bürgermeister mit Gewalt herausgezogen werden.1)

Die Stadt meldete am 14 Mai das traurige Ereignis dem Kaiser und bat

  1. um Befreiung von geschoß, Schatzung, Metzmalz, Biergeldern und aller Abgaben auf mehre Jahre,
  2. möge er die Stadtprivilegien, weil collationirte Abschriften, sich bei der Schlesischen Kammer befinden, wieder bestätigen.
  3. da Kirchen und Schulen keine Baufonds besitzen, gestatten, daß ein Theil der mühsam erhaltenen Kirchenkleinodien zu Gelde verwerthet werde, oder selbst mit einem christlichen Almosen helfen,
  4. bewilligen, daß sie das nothwendige Bauholz aus den kaiserlichen Forsten oder dem Raudener Stiftswalde (da ja Rauden auch ein Kammergut des Kaisers sei!) nehmen;
  5. da die 40 rtlr. jährlich aus der Mauth auf Brücken und Wege nicht zureichen, so möge er ihnen bewilligen, ein Mehres daraus zu nehmen, so möge er ihnen bewilligen, ein Mehres daraus zu nehmen, weil sie nicht im Stande seien, das Rathhaus, Stadtthor, die Wasserkunst und andre nothwendigen Gebäude zu erbauen, zumal alle Baarschaft im Rathhause, auch das Waisengeld bei dem Brande vernichtet worden;
  6. die zur Abtragung der über die Pfandsumme gemachten Schulden stipulirten jährlichen 2000 rtlr. erlassen.
  7. Schließlich spricht die Stadt ihre Hoffnung aus, der Kaiser werde alles thun, damit dieser Ort als Gränzstadt gegen die Krone Polens wieder aufgebaut werden könne.

    Es wurden mit dem Bittschreiben 2 Deputirte Paul Nitschmann aus Troppau und Jaroslav Dubrowy aus Ratibor nach Wien abgesendet, welche die Antwort überbringen sollten.

    Der Kaiser meldete unter dem 26. Mai, er wolle der Stadt in ihrer gegenwärtigen Noth zu Hilfe kommen und schrieb unter demselben Datum an die Schlesische Kammer, die Creditoren Ratibors zum Mitleid und zur Geduld zu ermahnen und auf bestem Wege zu vergleichen, damit die armen Bürger zum Aufbau der Stadt gelangen; außerdem aber sollten sie die geretteten Kirchenkleinodien taxiren lassen.

    Abt Martin von Rauden begab sich aus chrsitlichem Mitleid und auf Begehr des Kaiser Maximilian de dato 6. Juni, ohne Entgelt Holz zu liefern, mit dem Schloßhauptmann und einigen Bürgern in seinen Wald und wies eine Strecke an, die 1 Meile lang und mit starkem Holze besetzt war; auch erbot er sich, zur Erbauung der Kirche und Schule mehr zu liefern, wenn das nicht zureichen sollte. Für das Jungfrauenkloster hatte der Kaiser um 12 Schock Stämme gebeten, der Abt aber schenkte den Nonnen auf Fürsprache des Bischofes an einem ihnen nahegelegenen Platze 30 Schock; nur bat er um Vermittlung beim Kaiser, daß das verpfändete Klostergut Gut Zernitz den Gleiwitzer Pfandbesitzern noch weitere 3 Jahr verbleiben dürfe. Dieser Abt hatte der Stadt Ratibor in ihrer Noth 2000 rtlr. geliehen, die er selbst von andern Leuten mühsam zusammengebracht.

    Im Juni 1574 war eine kaiserliche Commission in Oberglogau. Von dort meldete am 16. Juni Friedrich Schkop von Kotzenau auf Gläsersdorf der Kammer zu Breslau: der Schloßhauptmann Samuel Lessota sei bei ihm gewesen und habe ihm berichtet, wie die durch Feuer und jetzt durch Wasser hart betroffenen Einwohner von Ratibor gezwungen seien, sich zur Erbauung ihrer Hütten, darin sie sich vor dem Regen schützen und einstweilen aufhalten könnten, das Holz zu kaufen, so daß ihrer Viele, obgleich sie hätten bleiben wollen, Nothhalber fortgezogen sind; er bittet, daß ihnen das Sparren- und kleine Holz einstweilen bis auf kaiserliche Resolution überlassen werde.

    Dem Müller Paul Temer, der seit dem 15. Juli 1567 die Malzmühle innehatte, gestattete der Kaiser am 23. Juni 1574 die Malzmühle aufzubauen, gab ihm Holz und freie Fuhren und 2 Drittel der Kosten. Die Angelegenheit der beiden Gefangenen (Sigismund Zebrowski und v. T.), weil Justizsache, habe er (der Kaiser) den Rechtsgelehrten zur Berathung übergeben.

    Maximilian ersuchte den neuerwählten Bischof von Breslau Martin Gerstmann, sich zur Untersuchung der Schuldensache mit noch einigen Deputirten persönlich nach ratibor zu begeben. Am 12. September 1574 traf die Commission hier ein und meldete, daß der Kaiser die Contribution von 2000 rtlr. jährlich zur Tilgung der über die Pfandsumme gemachten Schulden auf 6 Jahre, Steuer und Biergeld auf 3 Jahre schenke. In dem neuen Berichte an den Kaiser sprach der Bischof die Bitte aus, den neuen Rath von der üblen Haushaltung entschuldigt zu halten, verdächtige Personen würden durch den Kammerprocurator in Untersuchung gezogen werden, aber der jetzige Stadtschreiben möge aus seiner Haft befreit werden. Der Kaiser möge sich der Stadt, die unter Thränen ihr Elend dem Bischofe vorgetragen, väterlich erweisen, da die Einwohner ohne Hilfe wol kaum ihre Wohnungen aufbauen, sondern sich verlaufen würden, er möge auch die Stadtprivilegien taxfrei bestätigen und den Landeshauptmann wie auch den Oberhauptmann von Schlesien veranlassen, den Gläubigern zu befehlen, die Einwohner bei Vermeidung schwerer Strafe nicht zu bedrängen. Das Landrecht möge, da hier gegenwärtig, zumal wegen Winterszeit, kein Unterkommen zu finden, auf Ratiborer Rechnung in Oppeln gehalten werden. Der seit 20 Wochen in Haft gehaltene Pole, den die Stadt unterhalten müsse und der Unkosten wegen gern los zu sein wünsche, bäte um Gnade, die auch dem v. T. zu Theil werden möge.

    Der Kaiser erwiederte aus Wien am 31. October: Es müsse bei den frühern Bestimmungen verbleiben; würden die Ratiborer jedoch in ihrer Nahrung nicht aufkommen, so könnten 12 Freijahre für die Contribution gestattet werden. Zum Bau der Kirchen sollen nicht die Kleinodien verwendet werden, noch das Hospital beisteuern, da er ein Patant zur Collecte gebe.

    Der Hauptmann Samuel Lessota verweigerte die willkürliche Holzung im Walde und überwies jedem Bürger 10 Eichen auf den Wiesen. Bürgermeister und Rathmannen beschwerten sich am 1. Februar 1575 über diese Beschränkung ihrer Privilegien, nach welchen sie im Falle, daß die Stadt durch Brand oder Krieg einginge, zu beiden Seiten der Oder freie Holzung hätten. Würden diese Holzfuhren verhindert, so dürften junge Leute, die sich hier in Wirthschaft und zum Bauer einlassen wollten davon abgehalten werden und die Gründe wüst liegen bleiben. Zugleich bitten sie um Uebersendung der 570 rtlr. zur Errichtung der Kirche und der Stadtgebäude. Die Kammer erwiederte am 7. Februar: In die begehrte freie Einfuhr nach Bauholz könne sie nicht willigen, weil ihnen im Raudener Walde und vom Schloßhauptmann genügend Holz angewiesen worden; das Geld (wahrscheinlich den Ertrag der Collecte) sollten sie bis auf weiteren bescheid unangegriffen lassen.

    Auf eine Beschwerde des Magistrats vom 8. Juni an die Kammer veranlaßte Maximilian Prag den 20. Juni dieselbe, die Stadt gegen Hinko Charwat und andre Pfandbesitzer zu schützen, welche die Einfuhr in den Wald auf dem Babitzer Grunde hinderten, die gepfändeten Wagen sollten wieder ausgeliefert werden.

    Die kaiserliche Bestätigung der städtischen Privilegien (26 Urkunden) wurde Prag den 25. Juni 1575 ausgefertigt. Die Stadt lieh hierauf dem Kaiser 500 ungarische Gulden und erhielt Studzienna zum Pfandbesitz. Der Brief ist Prag den 22. Juli ausgestellt. Etwa 30 Jahre später erhielt die Stadt dieses Kammergut zu erblichem Eigenthum.

    Am 26. Januar 1576 sollte allgemeine Musterung gehalten werden. Jeder, der zu dienen schuldig war, mußte mit guten Pferden (Ritter mit 6 Rossen) in guter Rüstung wie es einem wohl mundirten deutschen Reiter gebührt erscheinen. Aus dem Kreise Gleiwitz und Ratibor stellte man sich in Ratibor, aus den übrigen Kreisen in Oppeln.

    Der Landeshauptmann hatte die Kriegsämter (Hauptmann, Lieutenant, Fähnrich, Trompeter, Fourier) zu unterhalten, wozu ihm 500 Gulden Steuerreste bewilligt wurden, außerdem sollten die Unterthanen pro Hube 24. gr. die Müller 1 rtlr. schlesisch, die Kretschmer 1 Gulden zu Hilfe geben. Die Städte sollen mit Stücken (Kanonen), Feuerröhren (Flinten), Kugeln und Pulver wohl versehen sein, jeder Wirth ein gutes, langes Rohr haben; die Unterthanen auf dem Lande sollen von ihren Herrschaften mit guten Röhren, Spießen und Gewehr (Säbeln) versorgt werden.

    Der Kaiser hatte durch den Landehauptmann befohlen, dies Mal mehr Reiterei als gewöhnlich zu stellen. Die Stände aber baten zu erwägen, daß sie gegenwärtig vielfach beschwert seien z. B. mit Reichung der Steuern zur Genugthuung der Bürgschaft für die Ratiborer, und wünschten, von größerer Belästigung verschont zu bleiben.

    Da dem hiesigen Lande, wie der ganzen Christenheit wegen der großen Sünden von den Feinden des Glaubens die größte Gefahr drohe, mithin es nothwendig sei, zu dem allmächtigen Gotte, der die Geschicke in seinen Händen habe, um Hilfe und Erlösung seine Zuflucht zu nehmen, sollen die Pfarrer von den Kanzeln die Leute zur Buße ermahnen und veranlassen, daß bei jeder Kirche früh, Mittags und Abends geläutet werde, damit ein Jeder, möge er auch auf der Gasse oder auf dem Felde sein, bei dem Glockenzeichen auf seine Knie falle und Gott inbrünstig anflehe, sein Zorn abwenden, dem kaiser aber eine glückliche und geruhige Regierung verleihen zu wollen. Wer das nicht thue, solle mit Gefängnis gestraft werden. Auch seien alle Tänze und Trinkgelage einzustellen.1)

    Auf eine Anfrage an den Magistrat, warum man nach der Feuersbrunst so wenig baue, berichet derselbe am 10. April 1576, daß ihnen ein Stück Heide auf dem Babitzer und ein Stück Eichwald auf dem Ostroger Grunde von den Commissarien ausgemessen worden, der letztere aber von den jetzigen Pfandinhabern (Hans Rzuchowski und Hinko Charwat) ihnen vorenthalten werde. Auch setze man den Bürgern mit Scheltworten zu und drohe ihnen, sie nach den Befreiungsjahren zu binden und zu zerhauen.

    Da es sowohl kostspielig als lästig war, daß alle Stände auf den Landtagen erschienen, so beschlossen die Prälaten und die Ritterschaft im August 1576 einhellig, die Befugnisse einem Ausschusse zu übertragen, welcher anstatt der vollen Stände zum Wohle des Landes handeln solle. Aus jedem Kreise wurden 3 bis 5 Männer erwählt, die bei den Landtagen zu erscheinen hatten und zwar im Ratiborer Kreise Johann Freiherr von Beeß, Abt Martin von Rauden, Stanislaus von Reisewitz, Bartholomäus von Czoruberg. Als Zehrgelder erlegte jeder kreis pro Tag den vom Herrenstande 2 Mark, den Mitgliedern aus dem Ritterstande 1 Mark.

    Kaiser Rudolph von 1576 bis 1598.

    Der kränkliche Maximilian starb am 15. October 1576. Sein Sohn Rudolf erhielt die Huldigung der Schlesier erst am 24. Mai 1577 in Breslau. Bei dieser Gelegenheit baten sich die Deputirten unserer Fürstentzhümer aus, die Landesordnung, nachdem sie revidirt und verbessert sein werde, zur Bestätigung nach Prag schicken zu können. Die oberschlesischen Stände huldigten dem Kaiser auf dem Landtage im November 1577. Man beschloß, die Landesordnung zu revidiren und zur Bestätigung einzuschicken.

    Im Sommer 1580 entstand zwischen Rath und Stadtgemeinde ein Streit wegen der Hutung und dem Stadtwalde. Es wurden 16 Personen gefangen genommen und auf dem Schlosse verwahrt. Die Sache wurde vor den Fürstentag gebracht und die Gefangenen gegen Caution freigelassen.

    Auf den Vorschlag des Hauptmann Samuel Lessota befahl die Kammer am 28. Juni 1580, die Wiesenflecke und Gärten, welche um den Stadtwall liegen und zu geringem Zins vermiethet werden, auszumessen und pro Morgen 9 gr. Zins zur Mehrung des Stadteinkommens auszusetzen.

    Wie viel man damals auf das äußre decorum hielt, lehrt ein Landtagsbeschluß von 1585, es heißt dort: Nachdem die Stände vermerkt, daß in diesem Lande ein sehr schändlicher und unzulässiger Gebrauch unter den jungen Leuten sich hervorthut, welche vor ehrlichen Frauenzimmern sehr schlecht aufziehen, in einem Unterrock oder Camisol ohne Oberrock und Mantel zu gehen und zu tanzen sich nicht scheuen, deßhalb wird beschlossen, daß im Fall Jemand sich dessen hinfort unterstehe, er gestraft werden solle.

    Das Kanzleramt war 1581 mit dem Tode des Nicolaus Lessota auf Blaseowitz erledigt. Nachdem es einige Zeit von Stellvertretern verwaltet worden, wurde 1586 Wenzel Scheliha von Rzuchow damit vom Kaiser betraut.

    Im Jahre 1583 erscheint Johann Reiswitz von Kaderzin auf Raschütz und Silberkopf als Landrichter und Vicehauptmann des Herzogthum Oppeln und Ratibor.1)

    Ratibor hatte, wie wir bereits gesehen, bereits 3 Jahrmärkte. Rudolf gestattete Prag am 23. Mai 1586 einen vierten am Montage nach dem Feste Maria Himmelfahrt und bestätigte ein eigenthümliches Marktrecht, welches auch anderwärts Sitte war. Ein Hütchen nämlich (in Oppeln ein Fähnchen) wurde auf einer Stange befestigt und diese auf dem markte aufgerichtet und zwar im Winterhalbjahre bis 11 Uhr, im Sommerhalbjahre bis 10 Uhr. So lange das Zeichen nicht abgenommen worden war, durfte kein Händler und kein Auswärtiger bei schwerer Strafe etwas kaufen, ja es wurde verpönt, daß Bürger sich hergaben, um indieser Zeit für Fremde zu kaufen.

    Stefan Bathori, König von Polen, war am 13. December 1586 gestorben. Die polnischen Stände wählten im Monat August 1587 vor Warschau einen neuen König. Ein Theil des Adels war für den Erzherzog Maximilian von Oesterreich, ein anderer für den Prinz Sigismund von Schweden. Maximilian kam auf seiner Reise nach Polen durch Ratibor und übernachtete hieselbst. Die Stadt, obgleich in dürftiger Lage, nahm den hohen Gast als Bruder des Kaisers ehrenvoll auf und verwendete dabei 118 rtlr. 15 gr. 6 hllr. Die Fürstenthümer stellten ihm laut Landtagsbeschluß 100 Pferde zu Diensten. Doch wurde Sigismund gekrönt und Erzherzog Maximilian vom polnischen Kron-Großfeldherrn Johann Zamoiski am 24. Januar 1588 nach einem blutigen Treffen bei Pitschen gefangen. Ein mit Zamoiski geschlossener Vertrag sicherte ihm auf dem Schlosse Krasnostaw bei Lublin einen seinem Stande angemessenen Gewahrsam und Unterhalt, bis man sich über die Friedensbedingungen geeinigt haben würde.1)

    Nach einer Kämmereirechnung aus dem Jahre 1587 hatte die Stadt damals eine Einnahme von 1104 rtlr. und eine Ausgabe von 1125 rtlr. 12 gr. 8 hllr.

    An Erbzins trug unter andern bei

    das Dorf Brzezie14 rtlr.21 gr.
    das Dorf Studzienna22 —11 —
    die Salzhauer13 — - —
    die von der Stadt erkauften 8 Fleischbänke11 — - —
    von den Fleischerwiesen12 —22 —10 hllr.
    von den Rahmen der 7 Tuchmacher1 —6 — - —
    von der Stadtwaage3 — - — - —
    die Vorstädter vor dem Oderthore20 — - — - —
    die Vorstädter vor dem großen Thore13 — - — - —
    die Vorstädter vor dem neuen Thore3 —4 — - —
    die Neustädter1 —14 — - —
    die Altendorfer7 —2 —4 —

    Gärten, Wiesen, Teiche ***???

    Von den andern Zinsen sind hervorzuheben

    Brückengeld pro Wagen 6 hllr.124 rtlr.9 sgr.7 hllr.
    Schrotlohn für Bier, für jedes ausgeführte Faß 6 hllr.33 —10 — - —
    Methausschroten21 —29 — - —
    Weinschroten4 —28 — 2 —
    vom freien Fleischmarkt des Sonnabends Standgeld, pro Rind 1 gr., pro Kleinvieh 6 hllr.37 —32 — 3 —
    vom Stadtbrauhause23 — - — - —
    das 1000 Ziegel mit 1 1/6 rtlr. (Macherlohn 2/3 rtlr.)60 — - — - —
    Malz, gewonnen von dem auf den Stadtäckern erbauten Waizen144 — - — - —
    von den Hausleuten, so ihr Handwerk haben á 19 5/6 gr.11 —16 — 8 —
    vom Fischfange aus 2 Teichen53 —16 — 8 —
    Strafgelder von muthwilligen und rebellischen Einwohnern33 —18 — - —
    für den zweimaligen Weinschank der Commune durch 14 Tage (Judica und Jacobi) wird gewonnen52 — - — - —
    an Wächtergeld kommt ein188 —32 — - —
    Standgeld an Jahrmärkten19 —29 — - —
    vom Branntweinbrennen á 1 rtlr.6 — - — - —
    Getreideverkauf (Korn, Gerste ???*** ???***)54 —3 —6 —
    Ausgaben:
    Interessen für geliehene Kapitalien circa100 — - — - —
    dem Stadtschreiber30 — - — - —
    den 5 Thorwärtern15 —12 — - —
    denselben wegen Abgebung der Mauthzeichen25 —27 —6 —
    dem Scharfrichter14 —6 — - —
    Ehrungen bei Bürgerhochzeiten ???***

    Hans Proskau von Schimnitz, Landeshauptmann seit 1570, starb 60 Jahr alt am 17. October 1590. Sein Nachfolger wurde Georg II. von Oppersdorf und da dieser am 15. December 1607 starb, blieb das Amt eine kurze Zeit unbesetzt, worauf Hans Christof Freiherr von Proskau vom 10. April 1607 bis 1619 folgte.

    Der Bürger Hans Apotheker, der sein Haus noch nicht aufgebaut, wendete sich 1594 an den Hauptmann von Schwiebus und Kammerrath von Ober- und Niederschlesien Maximilian von Knobelsdorf, der als Wirthschafts-Commissar hier gewesen, mit der Bitte: Peter Dlugomil von Birawa habe aus den Dzirgowitzer Pfandstücken 1593 einige kieferne Bauhölzer nach Ratibor auf seinen wüsten Platz führen lassen, sei aber inzwischen gestorben und hätten die Vormünder die Güter eingenommen. Das Bauholz würde, wenn es noch länger liege, verfaulen; er bitte also, weil er die Fuhren nicht erschwingen könne, daß ihm das Holz überlassen werde. Die Breslauer Kammer decretirte am 23. April an den Rath, da der Bau der Stadt zur Verschönerung gereichen werde, das Holz dem Bittsteller ausfolgen zu lassen.

    In demselben Jahre hatte die Zunft der Grobschmiede und Schlosser loses Holz zu kaufen gewünscht. Der Forstmeister Hans Jordan wagte nicht, dies zu verabfolgen, weil er ein Verbot erhalten, frisches Holz zu verkaufen. Die Kammer beauftragte ihn, jenen Leuten dürres und liegendes Holz gegen Zahlung zu überlassen, weil durch dieses Handwerk das Beste der Stadt und der Mühlen befördert werde. Das Geld solle in das Oppelner Rentamt abgeliefert werden.

    Aus dem Urbar von 1596 ist hervorzuheben (der Gulden zu 36 weiße Groschen gerechnet):

    Wer das Bürgerrecht erwirbt, zahlt 8 gr., was des Jahres circa 2 Gulden ausmacht, wovon der Stadtschreiber 12 gr. erhält. Es werden jährlich an 330 Pfannen Bier gebraut. Von handwerksleuten, die nicht in eigenem Hause, sondern in Kammern (zur Miethe) wohnten und jeder 23½ gr. jährlich Zins gaben, kam damals 8 Fl. 9 gr. ein, es waren also deren bereits weniger als 1587. Dagegen hob sich das Standgeld der Krämer, Kürschner und Tuchmacher auf 30 Gulden. Der Branntweinzins bringt bereits 12 Gulden, entweder waren jetzt 6 Brenner mehr, oder der Zins wurde verdoppelt; letzteres ist wahrscheinlicher, da jetzt in zwei Terminen gezahlt wurde. Die Brodbäcker gehören der Stadt zu und geben jährlich 6 Fl. 24 gr. Von den beiden Badstuben zinset die auf der Nonnengasse der Pfarrkirche, die andre vor dem Thore dem Kloster der Dominikaner, was jährlich 4 Mark beträgt. Die Stadt hatte bereits 6 Teiche. Das ganze Stadteinkommen betrug damals 1308 fl. 29 gr. Zum ersten Male erfahren wir sämmtliche Namen der Straßen und wie viele Häuser auf jeder sich befanden:

    1.die Obergasse hatte 28 Zins- und 13 Freihäuser, zusammen41Häuser.
    2.die Gasse hinter der Pfarrkirche hatte 1 Zins- und 10 Freihäuser, zusammen11"
    3.die Gasse unter den Leinwebern hatte39"
    4.am kleinen Ringe waren11"
    5.die neue Gasse und das Stockhaus33"
    6.die große Gasse99"
    7.die Fleischergasse30"
    8.die Nonnengasse10"
    9.die Odergasse7"
    10.die Krämergasse9"
    290Häuser.
    1)   ½ ? 1)   ½ ?

    Impressum, http://wischkony.org/quellen/weltzel/1861_ratibor/, Letzte Änderung: 2019-06-04, an den webmaster